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entstanden sind. Ueberdies enthalten jene Sätze eine vollkommene
Verneinung oder Vernichtung des konstitutionellen Prinzips für
diese Frage. Nachdem vielleicht unter grossen parlamentarischen
Mühen das Zustandekommen eines Vertrages, — man denke an
einen wichtigen Handelsvertrag! — erreicht wurde, soll der Monarch
das Werk, das tantae molis erat, im nächsten Moment wieder um-
stürzen können?! — Das ist unlogisch, unkonstitutionell, unjuris-
tisch’?.* ZOoRrN scheint hier zu vergessen, dass der Monarch den
Vertrag ratifiziert; er wird zu diesem Akte nicht schreiten, wenn
er das Werk „im nächsten Momente“ wieder umstürzen will.
Mit dem Hinweise auf diese Uebertreibung soll aber nicht an-
gedeutet werden, dass ZORNS Deduktion um ihretwillen falsch sei,
wir werden versuchen, sie mit besseren Waffen zu bekämpfen.
Bei den früher besprochenen Arten des Vertragsgesetzes war
der wesentliche Punkt immer der, dass die im Vertrage enthaltene
Zieit-, bezw. Kündigungsbestimmung auch Bestandteil des Vertrags-
gesetzes geworden war. Bei den gegenwärtig untersuchten Ver-
tragsgesetzen ist Aehnliches nicht der Fall. Wir müssen be-
kennen, dass ZORNS Ansicht für sie nicht ohne weiteres von der
Hand zu weisen ist. Zu ihrer Unterstützung könnte ein Fall
aus dem württembergischen Staatsrecht herbeigezogen werden.
Art. 85 der Verfassungsurkunde dieses Staates vom 25. September
1819 bestimmt: „Der König vertritt den Staat in allen seinen
Verhältnissen gegen auswärtige Staaten. Es kann jedoch ohne
Einwilligung der Stände durch Verträge mit Auswärtigen kein
Teil des Staatsgebiets und Staatseigentums veräussert, keine neue
Last auf das Königreich und dessen Angehörige übernommen
und kein Landesgesetz abgeändert oder aufgehoben, keine Ver-
pflichtung, welche den Rechten der Staatsbürger Eintrag thun
würde, eingegangen, namentlich auch kein Handelsvertrag, welcher
eine neue gesetzliche Einrichtung zur Folge hätte, und kein Sub-
'% Zorn, Gesetz, Verordnung, Budget, Staatsvertrag in Hirths Annalen
1889 S. 878.