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oder Durchfuhrverbote zu hemmen. Ausnahmen hiervon dürfen
nur stattfinden:
a) bei Tabak, Salz, Schiesspulver u. s. w.;
b) aus Gesundheitspolizeirücksichten;
c) in Beziehung auf Kriegsbediürfnisse unter ausserordent-
lichen Umständen.“
Tritt einer der beiden letzteren Fälle auf deutscher Seite ein, —
der erstere interessiert hier nicht, — so ist das Deutsche Reich
von der Erfüllung der betreffenden Vertragsverbindlichkeit zeit-
weilig befreit; die Bestimmung ist zu seinen Gunsten suspendiert,
aber nicht gänzlich ausser Kraft gesetzt; Oesterreich-Ungarn ist
nach wie vor an ihre Erfüllung gebunden. Es erhellt aber ferner,
dass beim Eintreten jener Ereignisse auch die lex specialis zeit-
weilig suspendiert wird, das deutsche Vertragsgesetz, welches die
Hemmung des Verkehrs mit Oesterreich-Ungarn durch Erlass von
Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverboten untersagt. Das Deutsche
Reich kann mithin ein Ausfuhrverbot mit Wirkung gegen Oester-
reich-Ungarn auf dem gewöhnlichen Wege erlassen. Liegt da-
gegen einer der im Vertrage offengelassenen Fälle nicht vor, so
kann das Ausfuhrverbot nur erlassen werden, wenn aus allgemeinen
völkerrechtlichen Gründen der Vertrag oder die besondere Ver-
tragsbestimmung ausser Kraft gesetzt werden kann, oder indem
das Deutsche Reich vertragsbrüchig wird, d. h. indem es das Ver-
tragsgesetz, bzw. die betreffende Bestimmung desselben ohne Rück-
sicht auf die völkerrechtliche Verbindlichkeit aufhebt; dazu wäre
nach den früheren Ausführungen ein unter Zustimmung von Bundes-
rat, Reichstag und Kaiser erlassenes Gesetz erforderlich, welches
die Bestimmung des Vertragsgesetzes ausdrücklich aufhöbe®®?.
88 Eingehend, aber unter anderen Gesichtspunkten hat STOERK diese
Frage behandelt im Archiv f. öffentliches Recht, Bd. IX, S. 23—51. Vgl.
Lagann, 3. Aufl., S. 636 A. 2.