Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

_- 10 
Il. 
Gleichwohl folgt aus den vorstehenden Erörterungen nicht, 
dass die Vorschriften des bayerischen Rechts über die aus dem 
Gesichtspunkt des Heimaths- und Niederlassungsrechtes aufge- 
stellten Ehehindernisse durch das Bürgerliche Gesetzbuch beseitigt 
werden. Man muss vielmehr hierbei die verschiedenen Seiten des 
Eheschliessungsrechtes gehörig auseinander halten. Die Ehe- 
schliessung hat eine privatrechtliche und eine polizeiliche Seite. 
Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt nur die erstere. Denkt man 
sich das Bürgerliche Gesetzbuch ganz isolirt von der übrigen 
Reichsgesetzgebung, so kann aus den Bestimmungen desselben 
überhaupt der Satz nicht hergeleitet werden, dass eine nach dem 
Bürgerlichen Gesetzbuch zulässige Ehe von keiner Seite inhibirt 
werden darf. Logisch betrachtet, bleibt es vielmehr vollkommen 
denkbar, dass die Schliessung von Ehen, die privatrechtlich zu- 
lässig sind, aus polizeilichen Gründen verboten wird, ganz ebenso 
wie es gestattet ist, den Abschluss gewisser Kaufverträge, den 
das Bürgerliche Gesetzbuch frei gestattet, aus polizeilichen Grün- 
den zu verbieten, wie z. B. gewisse Arten des Verkaufs von 
Lotterieloosen, auch wenn solche völlig gültig ausgegeben sind. 
Dass gleichwohl im Reiche die Eheschliessung in Wirklichkeit 
polizeilich nicht gehindert werden darf, folgt nicht aus dem 
Bürgerlichen Gesetzbuche, sondern aus dem bereits erwähnten 
Gesetz über die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen der 
Eheschliessung vom 4. Mai 1868 (B. G.-Bl. S. 149), durch welches 
die Beschränkung der Eheschliessung aus polizeilichen Gründen 
verboten ist. Dieses Gesetz gilt aber eben in Bayern nicht’, 
® Vgl. z. B. preuss, Gesetz vom 18. Aug. 1891 (G.-S. S. 353). 
1% Wenn $ 89 des Personenstandsgesetzes vom 6. Febr. 1875 ganz 
unterschiedslos bestimmt: 
„Alle Vorschriften, welche das Recht zur Eheschliessung weiter 
beschränken, als es durch dieses Gesetz geschieht, werden auf- 
gehoben‘, 
so gilt diese Vorschrift in Bayern allerdings nur mit Vorbehalt der aus dem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.