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Versammlungsrechts (29. Januar und 8. Februar 1896). Die
Kommission, welcher der Initiativantrag zur Vorberathung über-
wiesen wurde, einigte sich vorläufig über einen Entwurf des
Abgeordneten RickerRTt. 8 4 desselben enthält das Recht
aller Deutschen zur Vereinigung in Gesellschaften, die den Straf-
gesetzen nicht zuwiderlaufen. Es entspricht dem Art. 30 Abs. 1
der preussischen Verfassung. Hierzu wurde beantragt aus-
zusprechen: 1. dass die Verbindung inländischer Vereine unter-
einander zulässig ist, 2. die Verbindung inländischer politischer
Vereine mit ausländischen von der Landescentralbehörde verboten
werden kann, Der 2. Antrag wurde abgelehnt. Nach $ 5 sind
die Vorsteher politischer Vereine verpflichtet, die Satzungen und
jede Aenderung binnen 8 Tagen nach der Gründung oder Aende-
rung der Ortspolizeibehörde zur Kenntnissnahme einzureichen, welche
hierüber sofort eine kostenfreie Bescheinigung zu ertheilen hat.
Nach 8 6 können Vereine, deren Zwecke den Staatsgesetzen
zuwiderlaufen, von der Landescentralbehörde aufgelöst werden.
Wenn Gefahr im Verzuge ist, kann die einstweilige Schliessung
eines solchen Vereins von der höheren Verwaltungsbehörde auf die
Dauer einer Woche angeordnet werden. Wird die Verfügung
innerhalb der obigen Frist nicht von der Landescentralbehörde
bestätigt, so verliert sie ihre Gültigkeit. Gegen den Bescheid der
Landescentralbehörde findet die Klage bei den Verwaltungsgerichten,
wo solche nicht bestehen, bei den ordentlichen Gerichten statt *!. —
Fortwährend tritt auch die Litteratur für die Nothwendigkeit
einheitlicher Normen über die Zulassung, Schliessung und Auf-
lösung der Vereine ein. Auf der anderen Seite verlangt man für
die Entfaltung des Vereinslebens neue und beengende Schranken.
Bei diesem schroffen Gegensatze der Anschauung wird die Lage
erschwert und die praktische Lösung hinausgeschoben.
?1 Der Bericht der XIII. Kommission zur Vorberathung des Antrags
AvER und Konsorten ist abgedruckt in den Annalen des Deutschen Reiches
Heft Nr. 11 von 1896,
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