Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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kann sie auch das Völkerrecht berühren. Aber darum ist die Frage 
der Gültigkeit der Ehe nicht eine Frage des Staats- oder des 
Völkerrechtes, sondern bleibt eine solche des Privatrechtes. Wie 
sie sich nach den Grundsätzen des letzteren gestaltet, so müssen 
Staats- und Völkerrecht sie annehmen. Wenn im Völkerrecht 
der Fall vorkommt, dass ein Staat der Ehe eines anderen Staates 
die Gültigkeit abspricht, so geschieht dies nicht, weil er etwa der 
Meinung ist, es gebe eine völkerrechtliche Gültigkeit der Ehe, 
die verschieden sei von der privatrechtlichen, sondern die Diffe- 
renz wurzelt alsdann in einer Meinungsverschiedenheit über das 
anzuwendende Privatrecht: der dissentirende Staat prätendirt die 
Ehe nach seinem Privatrecht und nicht nach dem des anderen 
Staates zu beurtheilen ?. Diesem Standpunkt muss auch Bayern 
sich unterwerfen und muss demgemäss anerkennen, dass die Frage, 
ob eine Ehe gültig ist oder nicht, eine Frage des Privatrechtes 
ist, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche zu entscheiden ist. 
Es steht hier ganz ebenso, wie bei Verträgen, die gegen ein 
polizeiliches Verbotsgesetz abgeschlossen sind. Die Frage, ob 
sie gültig sind, ist keine Frage des Polizeirechts, sondern des 
Privatrechts. Das Bürgerliche Gesetzbuch entscheidet die Frage 
allerdings für die Regel dahin, dass ein Rechtsgeschäft, welches 
gegen ein gesetzliches Verbot verstösst, nichtig ist ($ 134). Aber 
für die Ehe gilt dieser Satz gerade nicht. Hier ist bestimmt: 
& 1323. Eine Ehe ist nur in den Fällen der 88 1324 
bis 1328 nichtig. 
8 1330. Eine Ehe kann nur in den Fällen der $$ 1331 
bis 1335 und des $ 1350 angefochten werden. 
Es gilt also ausserhalb dieser Fälle der entgegengesetzte 
Satz, dass nämlich Ehen, welche gegen ein Verbotsgesetz ge- 
schlossen sind, gleichwohl gültig sind, und zwar gilt dieser Satz 
kraft Reichsrechts, so dass Bayern an ihm nicht rütteln kann. 
1% Vgl. HerFTER-GErFcKEn, Das europäische Völkerrecht 88 87, 88 
S. 89, 91 (8. Ausg. 1888) v. Bar a. a. O. 8. 476 ff.
	        
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