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hierdurch die Schwierigkeit, die das Aufsuchen einer bestimmten Materie im
System verursacht, nur zum Theil beseitigt. Auch würde die Beifügung eines
Legal- und Zitatenregisters die praktische Brauchbarkeit nicht unerheblich
erhöht haben. Peltzer.
Streiff, David, Die Religionsfreiheit und die Massnahmen der
Kantone und des Bundes gemäss Art. 50 Abs.2 der schweizeri-
schen Bundesverfassung. Zürich, E. Speidel, 1895. 89 S. 2 Mk.
In der Schweiz ist die Religionsfreiheit, sowohl nach der Richtung der
persönlichen Glaubens- und Gewissensfreiheit, wie nach der Richtung der
allgemeinen Kultusfreiheit, bundesrechtlich gewährleistet. Indes bleibt den
Kantonen und dem Bunde vorbehalten, „zur Handhabung der Ordnung und des
öffentlichen Friedens unter den Angehörigen der verschiedenen Religions-
genossenschaften sowie gegen Eingriffe kirchlicher Behörden in die Rechte
der Bürger und des Staates, die geeigneten Massnahmen zu treffen.“ Diese
Verfassungsbestimmung ist eine jener Normen, die dazu herhalten müssen,
als rechtliche Grundlage zur Rechtfertigung der verschiedenartigsten gesetz-
lichen Bestimmungen und behördlichen Verfügungen verwendet zu werden.
Je nach der Zeitströmung wird sie angerufen werden, um das Individuum in
seinem Freiheitsrechte zu schützen oder aber um staatliche Ansprüche gegen-
über Religionsgemeinschaften geltend zu machen. Nicht uninteressant ist in
diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass diese Verfassungsbestimmung
anlässlich der Revision der Bundesverfassung im Jahre 1874 eine spezifisch
kulturkämpferische Pointe erhalten hat. Die Bundesbehörden machten zum
ersten Mal von der ihnen durch die Verfassungsvorschrift eingeräumten Be-
fugnis Gebrauch, als sie das Recht der gemischten Ehen festsetzten; später
wurde sie angerufen zur Rechtfertigung der staatlichen Massnahmen anläss-
lich des Konfliktes der jurassischen Geistlichen mit der Berner Regierung,
ferner zur Verteidigung der sog. Deplacetieruug des Bischofs von Basel,
Lachat, sodann zum Schutze des Pöbels gegen die von ihm bedrohte Heils-
armec u. a.m.
Die Gesamtheit der in Betracht fallenden „Massnahmen“ der kanto-
nalen Behörden wie der Bundesbehörden eignet sich weniger zu einer syste-
matischen als zu einer kritischen Besprechung, und zwar insbesondere auch
deshalb, weil bezüglich der einzelnen Massnahmen — haben diese einen
speziellen oder einen generellen Charakter — selten Art. 50 Abs. 2 der
Bundesverfassung allein, sondern meistens eine Reihe weiterer ausdrücklicher
Verfassungsnormen in Erwägung zu ziehen sind. Der Umfang des vom Verf.
zu verwertenden Materials lässt sich daher sehr verschieden bestimmen und
der Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben werden können; und
wenn auch die kritische Besprechung des Verf. aus verschiedenen Gründen
nicht uneingeschränktes Lob verdient, so ist doch ihr Vorhandensein eine
erfreuliche Erscheinung.