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freien Eintschliessung der Kinder Rechnung getragen und räu-
men diesen daher das Recht ein, nach erlangter Grossjährigkeit
der erworbenen Nationalität zu Gunsten der ursprünglichen zu
entsagen. Eine dritte Gruppe macht endlich den Kollektiveffekt
der Naturalisation oder Expatriation davon abhängig, dass die
Familienangehörigen dem Vater nach dem neuen Wohnsitz fol-
gen, wie England, Norwegen, Italien u. a.°°.
Im Gegensatz hierzu steht das dem französischen Recht ent-
stammende Prinzip, die Naturalisation und Expatriation als rein
individuelle Rechtsakte aufzufassen, welche nur von einem voll-
ständig dispositionsfähigen Individuum für seine eigene Person
vorgenommen werden können. Eine Naturalisation oder eine
Expatriation erstreckt sich daher niemals ipso jure auf die An-
gehörigen der Familie ®°. Die Verfechter dieses Prinzips lassen
jedoch völlig ausser Acht, dass es in erster Linie die Erziehung
und die Umgebung sind, welche dem Kinde seine Ansichten und
Neigungen aufprägen, und dass das bloss formelle Recht der
Staatsangehörigkeit hier oft ın Widerspruch mit den thatsäch-
lichen Verhältnissen treten muss*°. Diesem ausschliesslichen
Grundsatz der Individualität ist Frankreich in neuester Zeit un-
treu geworden: Die neueste Fassung des Art. 8 code civil macht
bei den minderjährigen Kindern eines in Frankreich naturali-
sirten Ausländers insofern eine Ausnahme, als dieselben ipso
jure die französische Nationalität erwerben *!. Die Inkonsequenz
dieser Bestimmung erklärt sich aus dem oben bereits dargelegten
Bestreben der neueren französischen Heimathsgesetzgebung, auf jede
Weise einer Hebung der Bevölkerungszahl Vorschub zu leisten *?.
88 Oben Note 33 S. 338 ff.
8 Vgl. Weiss a. a. O. S. 465 u. ff. — Forievirze, Traite theorique et
pratique de la naturalisation, Paris 1880, S. 435 u. ff. — Cıuner J. d. dr.
ı. pr. V. 8. 622.
#0 Vgl. Bar a. a. O. S. 237.
41 Vgl. Weiss a. a. OÖ. S. 354 ff. — Bar a. a. 0. S. 286.
42 Vgl. oben 5 II. S. 225 u. ff.