Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Kategorie stellte man Ehebruch und widernatürliche Unzucht im 
Sinne des $ 175 des Strafgesetzbuchs, Lebensnachstellung und 
bösliches Verlassen, nur in diesen Fällen sollte ein Recht, die 
Scheidung zu verlangen, anerkannt werden und im Falle des 
böslichen Verlassens wurde dasselbe noch dadurch eingeschränkt, 
dass in der Regel nicht alsbald auf Scheidung, sondern nur auf 
Herstellung der häuslichen Gemeinschaft geklagt werden kann 
und erst dann die Scheidungsklage zulässig ist, wenn der Zu- 
stand des böslichen Verlassens nach rechtskräftiger Verurteilung 
zu der Wiederherstellung der Gemeinschaft ein Jahr hindurch 
fortgedauert hat; hiermit wurde die Erwirkung einer Scheidung 
gerade in denjenigen Fällen, in welchen vom Standpunkte des 
praktischen Rechtslebens ein Bedürfnis dafür in besonderem Masse 
vorhanden ist, ungemein erschwert und verzögert. Die zweite 
Kategorie umfasste Scheidungsgründe, welche nicht nach objek- 
tiven Kriterien, sondern nur allgemein, durch Aufstellung des 
Verschuldungsprinzips gekennzeichnet wurden, sie werden er- 
blickt in schwerer Verletzung der einem Ehegatten gegen den 
anderen obliegenden ehelichen Pflichten, insbesondere in schwerer 
Misshandlung desselben oder in ehrlosem oder unsittlichem Ver- 
halten, insbesondere in einem nach Schliessung der Ehe began- 
genen entehrenden Verbrechen oder Vergehen, durch welche eine 
so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet wird, 
dass dem anderen Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zu- 
gemutet werden kann; in diesen Fällen sollte aber in der Regel 
nur auf Trennung von Tisch und Bett, nicht auf Scheidung ge- 
klagt werden können, sofern nicht nach den Umständen des 
Falles die Aussicht auf Wiederherstellung des ehelichen Verhält- 
nisses ausgeschlossen erscheint. Die Scheidung auszusprechen 
wurde dem Richter nur nach Ablauf der höchstens zwei Jahre 
betragenden Trennungszeit gestattet, sie setzte natürlich eine neue 
Klage, die eigentliche Scheidungsklage, voraus. Es ergibt sich 
ohne weiteres, dass hiermit dem richterlichen Ermessen ein über-
	        
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