Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

— 38 — 
lich folgende Scheidungsgründe in Fortfall kommen: Verdäch- 
tiger Umgang gegen richterlichen Befehl, heftiger, nicht zu 
beseitigender Widerwille, Versagung der ehelichen Pflicht, Unver- 
mögen und körperliche Gebrechen, die erst nach der Eheschliessung 
entstanden sind, Kinderlosigkeit, Geisteskrankheit und wissentlich 
falsche Anschuldigung eines Ehegatten; manche dieser Gründe 
werden unter die Generalklausel der Verletzung der durch die 
Ehe begründeten Verpflichtungen subsumiert werden können und 
in diesem Sinne sprechen sich auch die Motive bezüglich der Be- 
handlung der Versagung des debitum conjugale aus. Als beson- 
ders bedeutungsvoll erwies sich die Beseitigung der Scheidung 
wegen Geisteskrankheit, worauf dieserhalb ausführlicher einge- 
gangen werden muss. 
Bezüglich keines Scheidungsgrundes hat die Stellung der Ge- 
setzgebung so häufig gewechselt und in dem Masse geschwankt wie 
in Ansehung dieses; mit Recht sagt Savıcny, dass es kaum irgend 
einen Scheidungsgrund gebe, bei welchem so starke Gründe für und 
wider die Zulässigkeit angeführt werden könnten wie bei diesem. 
„Gegen die Zulässigkeit“ fährt er fort: „spricht zunächst der Grund, 
dass es zu dem edelsten Wesen der Ehe gehört, das Unglück, wovon 
ein Ehegatte betroffen wird, ın treuer Gemeinschaft zu tragen und 
dass davon bei dem Wahnsinn ebenso, wie bei schweren Krank- 
heiten, Anwendung denkbar ist. Ferner der andere Grund, dass die 
Unheilbarkeit des Wahnsinns nie mit Sicherheit festgestellt wer- 
den kann, und dass, wenn in der That eine Heilung eintritt, die 
in der Zwischenzeit ausgesprochene Scheidung als eine nicht zu 
rechtfertigende Verletzung gegen den Geheilten erscheint. Für 
die Zulässigkeit dagegen spricht die eigentümliche Natur des 
Wahnsinns verglichen mit den eigentlichen Krankheiten. Bei 
diesen ist es stets möglich, das Leiden durch treue, liebevolle 
Pflege zu erleichtern; bei dem Wahnsinn dagegen wird es zu- 
meist dem gesunden Gatten gar nicht gestattet sein, an der Pflege 
teilzunehmen, vielleicht selbst nicht ihn zu sehen, so dass er
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.