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als solche empfunden werde. Ebensowenig wurde es für ge-
nügend erachtet, die dauernde Unterbringung des Kranken in einer
Heilanstalt für Geisteskranke zur Voraussetzung für die Scheidung
zu machen, einmal um deswillen, weil die Konsequenz dahin
führen würde, die Scheidung auch wegen anderer unheilbarer
Krankheiten eines Ehegatten zu gestatten, welche denselben dau-
ernd an seiner Pflichterfüllung verhindern, sodann aber, weil in
Ermangelung positiver Vorschriften die absolute Notwendigkeit
der dauernden Unterbringung Geisteskranker in einer Irrenanstalt
zu verneinen sei, die Öffentlich-rechtlichen Vorschriften hierüber
von einander in erheblichem Masse abwichen und daraus eine
Verschiedenheit der Rechtsübung in den einzelnen Bundesstaaten
sich ergeben könne; daneben wird noch bemerkt, dass ein Be-
dürfnis nach Anerkennung dieses Scheidungsgrundes in denjenigen
Bundesstaaten, welche denselben bisher nicht gekannt haben,
nicht hervorgetreten sei und es fehlt nicht der Hinweis auf die
Unvereinbarkeit desselben mit dem Verschuldungsprinzip. Diese
Erwägungen wurden in der Kritik lebhaft, teilweise sogar in
leidenschaftlichen Worten bekämpft und sowohl in juristischen
wie in ärztlich-psychiatrischen Kreisen war man ganz überwiegend
der Ansicht, dass die Behandlung der Frage sich durch einen
kaum zu übertreffenden Doktrinarismus und eine vollständige
Vernachlässigung der von dem Standpunkte der Bedürfnisse des
praktischen Lebens zu stellenden Forderungen kennzeichne, man
machte auch auf den Widerspruch aufmerksam, dass der Gesetz-
geber zwar die Gefahr, dass der für tot erklärte Ehegatte zurück-
kehre, nicht hoch genug schätze, um die neue Eheschliessung
bei einer Todeserklärung zu verbieten, hingegen die Gefahr einer
unrichtigen Beurteilung der Geisteskrankheit so übermässig hoch
in Anschlag bringe, trotzdem die Möglichkeit, dass der für tot
erklärte Ehegatte zurückkehrt, mindestens ebensogross sei wie
die Eventualität einer Gesundung des als unheilbar bezeichneten
Geisteskranken. Um so auffallender war es, dass die Motive