— 39 —
ist in Frage gestellt und damit erweisen sich alle Versuche,
zwischen diesem Falle und der körperlichen Krankheit eine
Parallele zu ziehen, als vollständig verfehlt. Uebrigens ist die
bedingungslose Ausschliessung schwerster Krankheiten von den
Ehescheidungsgründen keineswegs zu billigen und die Erklärung
der Motive des Gesetzbuchs, dass die Ehegatten verpflichtet seien,
Leid und Freud, gute und schlimme Tage gemeinsam miteinander
zu tragen, beweist hiergegen in ihrer Allgemeinheit Nichts, da
es zweifellos Fälle gibt, in welchen die Erreichung der Zwecke
der Ehe auch infolge des körperlichen Leidens des einen und
anderen Ehegatten vollständig unmöglich gemacht wird, indessen
wollen wir von einer Erörterung dieses Punktes hier Abstand
nehmen. Der wichtigste Grund, welcher gegen die Anerkennung
der Geisteskrankheit als Scheidungsgrund spricht, ist zweifellos
in der Schwierigkeit der Feststellung des unheilbaren Charakters
der Krankheit zu erblicken, indessen lässt sich ganz gut eine
Regelung treffen, welche gegen die Möglichkeit einer falschen
Beurteilung die weitestgehenden Rechtskautelen enthält; ein ab-
soluter Ausschluss des Irrtums und der falschen Beurteilung ist
allerdings nicht zu ermöglichen, allein eine absolute Gewissheit
besteht auch bei anderen psychiatrisch-forensischen Fragen nicht,
ohne dass man um deswillen auf ihre Entscheidung verzichtete;
unsere Gerichte verurteilen einen Angeklagten auf Grund des
psychiatrischen Gutachtens zu schwerster Leibes- und Lebens-
strafe; wer bürgt dafür, dass der Sachverständige sich nicht eines
Irrtums schuldig macht, wer gibt uns Gewissheit, dass er nicht
eine thatsächlich im Zustande krankhafter Störung der Geistes-
thätigkeit und Willensunfreiheit befindliche Person für zurechnungs-
fähig, für geistig gesund erklärt? Und ist es vielleicht anders
bei den Entscheidungen über die Entmündigung einer Person
wegen Geisteskrankheit? Hat man nicht oft genug gerade in
den letzten Jahren die Erfahrung machen müssen, dass die psy-
chiatrische Beurteilung einer wegen Geisteskrankheit entmündigten