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Notariat zur Rechtsanwaltschaft stehen soll, nicht
umgehen lassen. Soll diese, wie zur Zeit in Norddeutsch-
land mit jenem verbunden, oder wie in Süddeutschland
von ihm getrennt werden? Eine Vereinigung des Notariats mit
der Rechtsanwaltschaft für das ganze Reich, würde, weil die
Rechtsanwaltschaft eine Menge von Geschäften, welche ihrer
Natur nach zum Wirkungskreise der Notare gehören, auch da
besorgt, wo prinzipiell die ‘Trennung beider Berufe besteht,
sich ohne grosse Schwierigkeiten von selbst vollziehen, während,
wenn die Trennung Reichsrecht werden soll, noch weitere ge-
setzliiche Veränderungen sich als notwendig erweisen werden
(B. u. C.). Denn die Aufgabe des Notariats erschöpft sich
keineswegs im Urkundenwesen. Unzertrennbar von dem-
selben ist die Regulierung von Vermögensverhält-
nissen. Die Thätigkeit der Notare bei Versteigerungen, Be-
stellung von Hypotheken, Verlassenschaftsabhandlungen und Tei-
lungen bringt es mit sich, dass auf ıhrem Bureau ein reger
Geld- insbesonders Depositenverkehr stattfindet. „Das Ein-
ziehen von Forderungen, das Bezahlen von Schulden bei Ver-
lassenschaftsabhandlungen und anderen Teilungen, das Erheben
des Erlöses bei Versteigerungen und dessen verschiedene Ver-
wendungen, die Kündigung und Wiederanlegung von Hypo-
thekengeldern, kurz Geldgeschäfte und Rechnungsverhältnisse
verschiedener Art hängen mit dem Amt des Notars auf das
Engste zusammen. Ausserdem existiert, namentlich bei der
Landbevölkerung ein Bedürfnis nach juristisch gebildeten Rat-
gebern in Vermögensfragen, ebenso wie für Güterkomplexe nach
gesetzeskundigen Verwaltern. Zu all diesen Funktionen ist das
Notariat ganz besonders berufen“ ?®. Diese Verwalterthätigkeit der
Notare hat in Frankreich zu eigenartigen Zuständen geführt.
® v. WeınriıcH, Zur. Reform der deutschen Rechtsanwaltschaft. Strass-
burg 1891, S. 108.