Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Dies ist nun gerade nicht sehr leicht, aber auch nicht sehr 
schwierig; wo z. B. der Souverän und Gesetzgeber die Landes- 
gemeinde, das Volk ist, wird der mitten im Volke lebende Richter 
auch wissen, was der Volksanschauung entspricht, was also die 
Laandesgemeinde, wenn sie sich zu äussern hätte, als anwendbares 
Recht aufstellen würde. Aber auch in absolut regirten Staaten, 
die keine oder keine vollständige materielle Gesetzgebung haben, 
wird der Richter auf die allgemeinen Volksanschauungen auf das 
allgemeine Rechtsbewusstsein zurückgehen müssen, weil anzunehmen 
ist, dass der Gesetzgeber die Volksanschauungen und das all- 
gemeine Rechtsbewusstsein berücksichtigen würde. Die verbind- 
liche Kraft des Gewohnheitsrechts liegt ebenfalls in dem Ge- 
danken, dass der Richter den muthmasslichen Willen des Gesetz- 
gebers seiner Rechtssprechung zu Grunde zu legen hat; der 
Richter soll annehmen, dass soweit Rechtssätze sich vorfinden, 
welche wiederholte Anwendung gefunden haben, der Gesetzgeber 
mit diesen Rechtsgewohnheiten einverstanden sei und es will im 
Hinblick auf die andauernde Uebung, dass das Gewohnte respectirt 
werde. Wollte der Gesetzgeber dies nicht, so hätte er ja Ge- 
legenheit, den entgegengesetzten Willen zu äussern. 
Der Richter schafft, wenn er seine Aufgabe pflichtgemäss 
erfüllt, nicht neue Rechtssätze, sondern er wendet bloss solche, 
die der Gesetzgeber will, an. Wenn der letztere seinen Willen 
genügend geäussert hat, so braucht der Richter bloss die Rechts- 
sätze, welche positiv erklärt sind, genügend zu verstehen und zu 
würdigen; es ist dies vornehmlich Aufgabe seiner Verstandes- 
thätigkeit. Aber auch da, wo der Richter nach Rechtssätzen, die 
dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, zuerst Nachschau 
halten muss, ist der Rechtssatz, den er schliesslich anwendet, 
masslichen Willen des Mandanten am Besten entspricht.* Die An- 
nahme, dass die Behörden Mandatare seien, ist in der älteren staatsrechtlichen 
Litteratur häufig vertreten. Die Rechtskategorie des Mandates gehört, wie 
diejenige des Vertrages überhaupt, nicht bloss dem Privatrechte, sondern auch 
dem öffentlichen Rechte an.
	        
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