daraus entnimmt. In den modernen Staaten werden die Rechts-
sätze durch die vorberathenden Commissionen, die Regierung und
die Kammern gebildet und festgestellt, bevor der Gesetzgebungs-
act erfolgt. Durch den letzteren erhalten die Rechtssätze keine
andere, neue Form, es wird nichts in sie hineingelegt, sondern
sie werden bloss umfasst und als anwendbar hingestellt. Und
wenn der Gesetzgeber diesen Rechtssätzen die Positivität entzieht,
so verlieren sie inhaltlich nichts, nicht einmal etwas in der Form,
sie werden lediglich vom Gesetzgebungswillen nicht mehr umfasst,
sie werden fallen gelassen. Es wäre z. B. denkbar, dass ein neu
gegründeter Staat provisorisch ein angesehenes Lehrbuch der
Pandecten als geltendes Privatrecht aufstelltee Dadurch würde
weder Form noch Inhalt dieses Lehrbuches etwas erhalten. Der
Gesetzgebungsact ist allerdings Aeusserung und diese Aeusserung
wird in der Regel vor und nach Aufzählung der Rechtssätze, als
Eingang und als Schluss den Rechtssätzen beigefügt; wesentlich
ist dies nicht. Wesentlich ist nur die Beschreibung, die Identifi-
cirung der Rechtssätze, welche als anwendbar erklärt werden. Der
Gesetzgebungsact ist Aeusserung des souveränen Willens, dass
die näher bezeichneten Rechtssätze anwendbar seien. Dieser Act
ist nicht einmal ein Befehl. Sämmtliche Organe des Staates,
sämmtliche Beamte sind gemäss ihrer übernommenen Amtspflicht
verbunden, die durch den Gesetzgebungsact bezeichneten Rechts-
sätze anzuwenden. Es braucht hierfür nicht jedesmal, bei jedem
Gesetze eines speziellen Befehles, noch weniger ist eine Summe
von Befehlen, wovon jeder einen einzelnen Rechtssatz zum Im-
perativ gestaltet, vorhanden. Die Pflicht, jeden Gesetzgebungs-
act, die bereits erlassenen und noch kommenden Gesetze zu
respectiren, ist ein Bestandtheil der Amtspflicht überhaupt. Es
besteht in jedem Staate der Fundamentalrechtssatz, dass die Be-
hörden und Beamten an die durch einen Gesetzgebungsact be-
zeichneten Rechtssätze gebunden sind bis und solange ein neuer
Gesetzgebungsact den Rechtssätzen die Positivität entzieht. Der
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