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dass die Wasser des internationalen Streites dauernd verronnen
sind? Ich bin nicht derartig zuversichtlich, um mich mit einem
solchen schmeichelhaften Schlusse zu betäuben. Ungezügelter
Ehrgeiz, Durst nach ausgedehnter Herrschaft, Stolz auf die ein-
genommene Machtstellung walten noch heute, wenn auch meines
Ermessens mit abgeschwächter Kraft und in gewissem Umfange
unter dem Bann der gesünderen Anschauungen der Welt. In-
dessen, obschon ich zu den Freunden des Friedens zähle, bin
ich dennoch der Ansicht, dass es Uebel gibt, welche noch grösser
als der Krieg sind, nämlich Entehrung einer Nation, Triumph
einer ungerechten Sache, Verewigung hoffnungsloser, erniedrigen-
der Tyrannei. „Soweit es sich um Wahrung angestammter
Rechte handelt, soweit sich das Schwert als eiserne Schranke
zwischen dem rechtverachtenden Räuber und dem Schwachen
erhebt, ist der Krieg etwas Ehrenhaftes; er wird jedoch zu
etwas Schmutzigem und Verächtlichem, sobald das Schwert
offensiv zwecks Erweiterung der Macht oder in der Absicht ge-
zogen wird, Gewinn zu machen.“ Alle Freunde des Friedens
und Vorkämpfer für das schiedsrichterliche Verfahren sollten
daher die Schwierigkeit der Frage anerkennen, diese Schwierig-
keit prüfen und beordnen, und zwischen den Fällen unterscheiden,
in welchen eine friedliche, schiedsrichterliche Erledigung prak-
tisch möglich ist, und denjenigen, in welchen letzteres nicht
zutrifft. Verfolgt man diesen Gedankengang, so treten die
Mängel des Völkerrechts hervor und zeigen sich die ernsten
Schwierigkeiten der Frage. Die Analogie zwischen der schieds-
gerichtlichen Erledigung von Streitigkeiten unter Privatpersonen
und zwischen der schiedsrichterlichen Schlichtung völkerrecht-
licher Differenzen führt nicht sehr weit. Bei Streitigkeiten unter
Privatpersonen ist entweder der Schiedsvertrag als eine gericht-
liche Verfügung erzwingbar oder es gibt doch der Schiedsspruch
der obsiegenden Partei eine Unterlage für die Einleitung eines
gerichtlichen Verfahrens. In beiden Fällen steht hinter dem