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Schiedsrichter die Verfügungsgewalt des staatlichen Richters
und die Macht des Vollstreckungsbeamten, die Erfüllung des
Schiedsspruches zu erzwingen. Sorgfältig ausgearbeitete Ge-
setzesvorschriften und Gerichtsregeln beordnen das schiedsge-
richtliche Verfahren zwischen Privatpersonen. Dasselbe ist eine
auf Konsens beruhende, rechtlich geregelte Art der Prozess-
führung, ausgehend von wohlbekannten Regeln und von der
vollen Sanktion einer gerichtlichen Entscheidung getragen. Alle
diese Eigentümlichkeiten fehlen dem internationalen schieds-
richterlichen Verfahren. Als eins der grundlegenden, völker-
rechtlichen Prinzipien gilt der Satz, dass jede souveräne Macht,
wie schwach sie auch politisch sein mag, jeder anderen, poli-
tisch auch noch so starken Macht völkerrechtlich gleichsteht.
Es gibt keine völkerrechtlichen Regeln über das schiedsgericht-
liche Verfahren. Das Völkerrecht selbst hat keine auslegende
Autorität und keine anerkannte Autorität, welche es zu er-
zwingen hat. Selbst unter Privatpersonen gibt es Differenzen,
auf welche das schiedsgerichtliche Verfahren nicht passt und
welche auf dem völkerrechtlichen Gebiete Analogien besitzen.
Wo es sich um die Reputation handelt, schreiten Privatpersonen
nicht zum schiedsgerichtlichen Verfahren, und ebensowenig denkt
eine sich selbst achtende Nation an eine schiedsrichterliche
Regelung, falls die Unabhängigkeit der Nation oder ihre Ehre
in Frage kommt. Des Weiteren kann es vorkommen, dass eine
Nation einen Schiedsvertrag abschliesst und denselben später
repudiiert. Wer soll hier die Aufrechterhaltung des Vertrages
erzwingen? Oder nachdem das schiedsrichterliche Verfahren statt-
gefunden hat, weigert sich die unterliegende Nation, den Schieds-
spruch zu erfüllen. Wer soll hier mit Zwang einschreiten ?
Diese Erwägungen rechtfertigen meines Erachtens zwei Schlüsse.
Erstens, das schiedsrichterliche Verfahren eignet sich nicht für
sämtliche, internationale Streitigkeiten, und zweitens, wir müssen
damit rechnen, dass mächtige Staaten ihre im guten Glauben