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wältungsbedürfnissen“, d. h. nach der staatswissenschaftlichen Einteilung.
Wenn'er schliesst: „Die Wissenschaftlichkeit staatsrechtlicher Darstellungen
beruht nicht im System allein, sondern mindestens ebensosehr in der Ent-
wicklung des Inhaltes der Rechtssätze“, so möchte ich das einfach unter-
schreiben. Ich möchte hinzusetzen: das Bairische Staatsrecht von M. v.
SEYDEL ist der beste Beweis dafür. Das System hat überhaupt nur einen
Wert, wenn es dazu dient, die „Entwicklung des Inhaltes der Rechtssätze“‘
zu erleichtern und zu fördern, was es ja in gewissem Masse zu leisten
yermag.. Aber auf das System um seiner selbst willen sich etwas einzu-
bilden, ist eitel Thorheit und nur als Kinderkrankheit des angehenden
Schriftstellers zu entschuldigen.
Ich bin genötigt, das etwas kräftig auszudrücken, weil ich da-
‚bei wieder persönlich im Spiele bin. In meiner „Theorie des franz.
V. Rs.“ hatte ich von dem staatswissenschaffentlichen Systeme der Ver-
waltungslehre gesprochen und von der Möglichkeit, die entsprechenden
Rechtssätze, wie sie die Verwaltungsrechtskunde gibt, einfach daran anzu-
hängen, und hinzugefügt: „Verwaltungsrechtswissenschaft ist das nicht“.
Das hat mir damals Loenıns (in SchmoLLer’s Jahrbuch XI, 2 S. 117) sehr
übelgenommen und SeypeL (in Krit. Vierteljahrsschr. 1896 S. 264) kommt
darauf zurück, als hätte ich mich einer Ueberhebung gegenüber den Ver-
tretern der hergebrachten Darstellungsweise schuldig gemacht. Nun hat
aber doch Loznıns in seinem Lehrbuch des V. R’s. keineswegs bloss Ge-
setzesmaterial „statistisch“ vorgetragen; ich hatte selbst mehrfach aner-
kannt, wie sehr er die Wissenschaft gefördert. Er war also gar nicht
getroffen. Und SeypeL erst recht nicht. Wenn ich die der Civilrechts-
wissenschaft entlehnte Methode einseitig betont habe, so geschah es, weil
sie mir — und ich denke mit einigem Rechte — allzu sehr zurück-
gesetzt zu sein schien. Ich bin aber ganz und gar überzeugt, dass der
„Fortschritt der Zukunft“ in der Vereinigung beider Methoden liegt, wie
SeypkL in Krit. Vierteljahrsschr. S. 265 ausführt. Schade, dass dieser Ge-
danke im „Bairischen Staatsrecht* noch nicht verwertet ist. Ich hatte
ganz in diesem Sinne mein „Deutsches Verwaltungsrecht“ einzurichten ge-
plant; warum es nicht ging, ist eine Geschichte für sich. Hoffentlich
kommt bald ein Glücklicherer. —
So viel über den äusserlichen Rahmen, in welchem sich das Werk
bewegt.. Es ist natürlich nicht möglich, die Darstellung ins Einzelne hier
zu verfolgen; die fortlaufende Reihe von Anerkennungen und Zustimmungen,
die daraus würde, möchte auch etwas eintönig wirken. Es sei mir gestattet,
nur ein paar Punkte herauszugreifen, zu welchen ich gerne Stellung nähme.
‚Dazu gehört vor allem die Lehre von der Verwaltungsrechts»s-
pflege, ‚Band I S. 571 fl, Das Bairische Gesetz vom. 8. Aug. 1878 ist
ausgezeichnet durch .die besondere Gründlichkeit und die scharfe juristische
Denkweise, mit welcher diese schwierige Materie gestaltet worden ist.