Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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wie das Strafrecht befassen sich mit dem Verhalten der Ein- 
zelnen, mit dem Verhalten der Behörden im Falle der Rechts- 
verletzung und Klage'!. Solange keine strafrechtliche Verletzung 
stattfindet, wird das vom Gesetzgeber als positiv erklärte Recht 
vom Publikum auch angewendet. So kann es kommen, dass z. B. 
ganze Parthieen des Strafgesetzes von den Bürgern jahrelang strenge 
beobachtet werden. Nehmen wir z. B. an, es finde während 
längerer Zeit nach dem Inkrafttreten eines Strafgesetzbuches kein 
Mord statt; hier wird das vom Gesetzgeber vorgesehene Verhalten 
der Bürger erfüllt, während das für die Behörden vorgesehene 
entsprechende Verhalten nicht eintritt, weil der vorausgesetzte 
Thatbestand fehlt. Beim Privatrecht kann es vorkommen, dass 
eine Anzahl von Rechtssätzen deshalb nicht zur Nachachtung 
durch das Publikum und der Behörden gelangen, weil die voraus- 
gesetzten Thatbestände nicht eintreten, so werden die Bestim- 
mungen über den Fund solange nicht beobachtet, als nichts ver- 
loren und nichts gefunden wird; so können auch vorgesehene 
seltenere Fälle des Erbrechts gar nie eintreten. Die Positivität 
des Privatrechts und des Strafrechts beginnt aber nicht erst mit 
der Anwendung und Befolgung der Rechtssätze durch das Publi- 
kum oder der Behörden, sondern bereits in dem Momente, wo 
für die letzteren die Pflicht zur Anwendung entsteht. Mit diesem 
11 Statt der doppelten Fassung der Rechtssätze, eine berechnet für das 
Publikum und eine für die Behörden, wählt der Gesetzgeber der Einfachheit 
wegen nur eine und es muss dann die andere daraus geschlossen werden. 
Der Privatrechtssatz: wer gutgläubig erwirbt, wird Eigenthümer, ist für das 
Publikum gefasst; für den Richter hätte der Satz etwa die Fassung zu er- 
halten: wenn der Besitzer die Sache gutgläubig erworben hat, so ist der 
frühere Eigenthümer mit seiner Klage auf Herausgabe abzuweisen. Der 
Strafrechtssatz: wer eine anvertraute Sache in eigenem Nutzen verwendet, 
wird wegen Unterschlagung mit Gefängniss bestraft, hat hinwieder eine Fas- 
sung, die sich mehr an den Richter wendet. Für das Publikum könnte der 
Satz lauten: wem etwas anvertraut worden ist, soll es jederzeit dem Eigen- 
thümer in Bereitschaft halten, ansonst er sich einer strafbaren Handlung 
schuldig macht.
	        
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