Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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In SeypeLs Werk verdient vor allem unseren aufrichtigsten Dank die 
ausführliche und musterhaft geschriebene Darstellung der „Geschichtlichen 
Entwicklung des bairischen Budgetrechtes* (Band II S. 537—579). Sie 
„bildet nach Inhalt und Form das anziehendste Stück deutscher Rechts- 
geschichte, das man lesen kann. 
Das geltende Recht wird sodann in grosser Anschaulichkeit vor- 
getragen, wobei eine Menge praktischer Fragen zur Erledigung kommt. 
Es handelt sich um zweierlei- wohl unterschiedene Rechte, die dem Land- 
tage, zustehen; Prüfung des Staatshaushaltsplanes und Bewilligung der 
Steuern. Die letztere wird zum Gesetz, das bestimmt ist, auf die Unter- 
thanen zu wirken. Die erstere hat nur Bedeutung der Regierung gegen- 
über, Der Schwerpunkt liegt dabei in der Prüfung der Ausgaben. Das 
zur Deckung Notwendige an Steuern muss der Landtag bewilligen. Hat 
man sich über das Budget geeinigt, so wird dieses durch die Steuer- 
bewilligung für die Regierung bindend; sie hat die Wirkung einer „Appro- 
priationsklausel“ für alle verwendbaren Mittel (Band II S. 587). Etatsüber- 
schreitungen, die nicht verfassungsmässig besonders gerechtfertigt sind, 
bedeuten eine Verletzung der Rechte des Landtags, der dann die verfassungs- 
mässigen „Gegenmittel“ (Ministeranklage u. s. w.) in Anwendung bringen 
mag (Band II S. 610). 
Wenn nun aber eine Vereinbarung über das Budget nicht zu stande 
kommt? dann „folgt, dass die Regierung das nicht vereinbarte, also durch 
‚keine Appropriation gebundene Budget einseitig feststellen darf, lediglich 
gebunden durch das natürliche Hindernis, dass sie nicht mehr ausgeben 
kann, als sie hat“ (Band II S. 596). Der Landtag muss auch in diesem 
Falle an Steuern wenigstens so viel bewilligen, als nach seiner Auffassung 
des Staatsbedarfes erforderlich ist, eine „Bauschsumme*, die als solche die 
einzelnen Posten nicht bindet. — Sollte diese Lösung nicht allzu ver- 
lockend sein für eine unternehmungslustige Regierung ? Sie hat es ja in 
der Hand, auf einem beliebigen Ausgabeposten zu bestehn, den der Land- 
tag vielleicht mit gutem Grunde verweigert; dann ist die Vereinbarung 
gescheitert, alle nötigen Steuern müssen dennoch bewilligt werden, abge- 
sehen von diesem Posten, und der Landtag verliert jedes Recht auf Ein- 
haltung des Masses der Ausgaben und ihrer Verteilung. Wenn ihm später 
die Rechnungen vorgelegt werden, wird er nicht bloss den abgelehnten 
Posten darin finden, sondern auch sonstige Verschiebungen gegenüber dem 
ursprünglichen Budget, wie er bereit gewesen wäre, es anzunehmen; und 
nun wird er dem gegenüber kaum etwas anderes zu thun haben, als Kennt- 
nis zu nehmen. Da scheint es uns doch dem Geiste der Verfassung besser 
zu entsprechen, dass man die Sache weniger ‚radikal auffasse. Das Budget, 
welches von der Regierung vorgelegt war, hat die Grundlage der Ver- 
handlungen gebildet und kann nicht so ganz verschwinden. Thatsäch- 
lich hat der Landtag auf dieses Budget seine sogenannte „Bauschsumme“
	        
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