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Herrscher und die als Privatmann (Band II S. 369). Mit der ersteren ist
er unter anderem auch „Inhaber des Staatsvermögens“ ; die Annahme einer
vorgestellten Persönlichkeit des Fiskus, wie sie im Civilrecht hergebracht
ist, erscheint demnach als überflüssig (Band II S. 370). Die beiden Per-
sönlichkeiten des Königs können in Rechtsverhältnisse zu einander treten
(Nutzniessung des Königs am Staatsgut: Band II S. 181). Da die Kron-
rente ein öffentlichrechtlicher Anspruch ist, der dem König als Herrscher
zusteht gegen das Aerar d. h. gegen sich selbst als Herrscher (Band II
S. 152), würde vielleicht diese Herrscherpersönlichkeit selbst sich noch ein-
mal innerlich spalten müssen. Uebersichtlicher als mit dem Begriffe der
juristischen Person werden die Verhältnisse auf diese Weise nicht.
Die Auffassung SeypveLs vom Reich, um deren willen er so manche
Angriffe erfahren hat, hängt mit der gleichen Grundidee zusammen. Da
das Reich ihm wieder keine wahre juristische Person sein kann — nur
privatrechtlich wird es im Gegensatz zu der „staatsrechtlichen Wirklich-
keit“ als solche behandelt (Band II S. 621) — so ist es für ihn unmöglich,
über den Staatenbund hinauszukommen. Es bleibt bei dem Gesellschafts-
verhältnis der verbündeten Herrscher. Lossagung davon ist völkerrecht-
licher Vertragsbruch. Seyper ist allerdings bestrebt, dem Reiche eine
grössere Festigkeit zuzusprechen. Insofern der Bundesvertrag zum Landes-
gesetz gemacht worden ist, ist die Lossagung erschwert durch das Er-
fordernis der Zustimmung des Landtags (Abhandlungen S. 82). Eine noch
weiter gehende Sicherung sieht er darin, „dass für die Verfassung des für
unauflöslich erklärten Bundes als einziger Weg der Aenderung der Weg
der Bundesgesetzgebung erklärt wird“ (ebenda S. 88). Das soll dann der
eigentliche Bundesstaat sein. Aber uns scheint, wenn der Herrscher des
Einzelstaates mit Zustimmung seines Landtages von dem Bundesvertrag °
sich lossagt, sagt er sich auch von dieser Klausel los. Ohne die Idee der
neuen juristischen Person des öffentlichen Rechtes, welche die Einzelstaaten
zusammenfasst, wird ein staatsrechtliches und staatsrechtlich gesichertes Band
nicht gedacht werden können,
Am schwierigsten wird die Durchführung von SeypeLs Grundauf-
fassung bei den Selbstverwaltungskörpern. Die Ortsgemeinde ist
eine „Vereinigung von Staatsbürgern®, welche in ihrem Bezirke eine öffent-
liche Gewalt ausübt (Band II S. 19). Sie ist — im Gegensatze zum Staat
— unbestrittene Persönlichkeit des bürgerlichen Rechtes. Wer aber ist
hier das Subjekt der öffentlichen Gewalt? Die Gemeinde ist „zugleich
öffentliche Körperschaft“. Wir möchten annehmen, sie sei els solche Ju-
ristische Person dea öffentlichen Rechts; den Uebelstand der zwei juristischen
Personen nebeneinander könnte man hinnehmen; diese Doppelung ent-
spricht ja einer‘ früherhin sehr verbreiteten Auffassung. Aber so ist es
nicht gemeint. Band II S. 625 wird es erläutert: „Die juristische Persön-
lichkeit (seil. die civilrechtliche) der Gemeinde ist nur eine Wirkung ihrer