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gerliche Personen kommen“. In diesem Stadium war also das
untergebene Land schlechthin ein der „Willenssphäre?® eines
Individuums oder einer beschränkten Familiengenossenschaft
unterworfenes Objekt#.
Bei dieser Auffassung von patrimonialen Fürstenrechten steht
natürlich das Land der regierenden Nupturientin quasi zur Ver-
fügung, und?’ obgleich bei dem Weiberlehen Oesterreichs die
Tochter des Herzogs Heinrich die eigentliche Erbin des Herzog-
thums ist, so gilt doch ihr Mann als der Regent, der „nomine
dotis® kraft seiner ehemännlichen Vogtei die Landesregierung
führt. Ja, gewissermaassen betrachtet sich der Schwiegersohn
selbst als den Erben des Schwiegervaters für seine Gemahlin
„ratione uxoris“, ein Ausdruck, der ebenfalls in den Urkunden ®®
nicht selten vorkommt.
Mit der Umwandlung des mittelalterlichen Staates in den
modernen und mit der Herausbildung der selbständigen Staats-
idee als einer organisirten Gemeinschaft, die auch den Herrscher
umfasst, ergab sich folgerichtig die scharfe Trennung von staats-
und privatrechtlichen Theilen der monarchischen Gewalt, die
sich mehr und mehr von der patrimonialen Auffassung entfernte.
Schon PÜTTER°®? sagt darüber: „Qualicumque in territorio probe
distinguenda sunt jura bonaque domini territorialis patrimonia-
se C, F. v. GERBER, Gesammt. jurist. Abhandlungen, S. 452.
s’ H. Schurze, Das Erb- und Familienrecht der deutschen Dynastien
des Mittelalters, Halle 1871, S. 86ff. "
38 Ebenso bestätigte z. B. der edle Herr v. Bolten im Jahre 1261 den
von seinem Schwiegervater Heinrich dem Schwarzen, Grafen v. Arnsberg
geschlossenen Verkauf der Vogtei Rockinghausen, in dem er sich mit fol-
genden Worten als Erben desselben legitimirte: nos, qui successionem eius-
dem habemus in hereditate ratione filiae ipsius, quam duximus in uxorem.
So galt auch bei lehensweise ausgeliehenem Erbgut der Frau der Gemahl
als der Lehnsherr kraft seiner ehelichen Vogtei- und Vormundschaft. Na-
türlich ging auch in gleicher Weise der Titel auf den Ehemann über und
der edle Herr v. Neifen nannte sich nach Verehelichung mit der Herrin von
Marstätten Graf v. Marstätten (H. ScHuLzeE a. a. O.).
89 Institutiones iur. publ., Göttingen 1802, $ 190.