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Rechtsanschauungen anfällt, stehen gerade diese Rechtsanschauun-
gen in Widerspruch mit einer Uebertragung der ehelichen Macht
an die Frau. Das Prinzip der ungetheilten Erbmonarchie, die
aus unvordenklicher Zeit „herstammend den politischen Glauben
erhält, den modernen politischen Rationalismus bekämpft°®, er-
fordert zweifellos den Uebergang der vollen staatsrechtlichen
Machtfülle auf die Frau: warum man aber das rein eheliche
Verhältniss, dessen ganze Entwickelung sich auf Grund der ge-
gebenen physischen Unterschiede vollzogen hat, für diesen einen
Fall so vollständig umgestalten will, ist schlechterdings nicht ein-
zusehen.
Hausgesetze und Observanzen werden die Ebenbürtigkeit der
Ehe zur Voraussetzung machen. In Deutschland®’! werden als
ebenbürtige Ehen betrachtet werden können:
a) Alle Ehen, welche Glieder der regierenden Fürstenhäuser
untereinander schliessen ohne Rücksicht auf den höheren
oder niederen Titel der Häuser.
b) Alle Ehen mit Gliedern der ehemals reichsländisch-landes-
herrlichen Häuser, auf welche Artikel 14 der ehemaligen
Bundesacte Anwendung findet.
Ausserhalb Deutschlands werden die Glieder regierender
christlicher Familien mit gleichberechtigter völkerrechtlicher Stel-
lung, ohne Rücksicht auf das Alter der Dynastie, noch auf die
Grösse des beherrschten Landes als geeignet zu einer ebenbür-
tigen Ehe anzusehen sein.
Da nach dem deutschen Reichsgesetz über den Erwerb und
Verlust der Staatsangehörigkeit°? der Prinz eines jeden Bundes-
staates ipso jure die Reichsangehörigkeit besitzt, so besteht na-
türlich für den auswärtigen Prinzen bei der Heirath mit der regie-
5° ToscHER, Politik, S. 41.
5sı H. Scuuze, Hausgesetze deutscher Fürstenhäuser, III 8. 615ff.
5 Vgl. zu dieser Frage STOERK’s Ausführungen in HoLTzEnnorrF'’s Hand-
buch des Völkerrechts Bd. II S. 616ff., Hbg. 1887.