Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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eingeschränkt sein soll. Wenn also & 10 des Gesetzes vom 
30. Dez. 1871 jemals die Tragweite besessen hätte, welche die 
herrschende Doktrin ihm beilegt, so wäre diese Tragweite durch 
SS 10 und 13 des Gesetzes vom 31. März bezw. 23. Dez. 1873 
längst wieder auf das normale Mass aller Beamtenkompetenzen 
zurückgeführt worden. 
Nach Art. 17 der Reichsverfassung hat der Kaiser die Aus- 
führung der Reichsgesetze zu überwachen. Wie ist es nun 
denkbar, dass derselbe Kaiser ein elsass-lothringisches Landes- 
gesetz erlassen soll, in welchem er einen einzelnen Beamten gegen 
die Vorschrift der Reichsverfassung von Beobachtung der Reichs- 
gesetze dispensirt ? 
v1. 
Aus dem Wortlaut des Diktaturparagraphen ist gefolgert 
worden, dass der Oberpräsident bei Gefahr für die öffentliche 
Sicherheit „alle in der Staatsgewalt liegenden Befug- 
nisse“, welche zur Abwendung der Gefahr dienlich seien, aus- 
üben könne*?. Zu den in der Staatsgewalt liegenden Befugnissen 
gehört zweifellos das Recht der Gesetzgebung. Die Ausübung 
dieses Rechts der Gesetzgebung kann unter Umständen ein sehr 
geeignetes Mittel sein, um eine drohende Gefahr für die öffent- 
liche Sicherheit durch Aufhebung oder Suspension bestehender 
Gesetze, sowie durch Einführung neuer Gesetze zu bekämpfen. 
Wenn der Diktaturparagraph wirklich eine Delegation des Rechts 
der Gesetzgebung an den Oberpräsidenten enthielte, so wäre diese 
Delegation schon längst wieder erloschen. Das Gesetz vom 
30. Dez. 1871 ist vom Kaiser mit Zustimmung des Bundesraths 
ohne Befragung des Reichstags auf Grund des 8 3 des Gesetzes 
vom 9. Juni 1871 erlassen worden. 8 3 des Gesetzes vom 
9. Juni 1871 aber hat dem Kaiser nur ein zeitlich begrenztes 
Gesetzgebungsrecht übertragen, nämlich ein Gesetzgebungsrecht, 
welches auf den Zeitraum vom 28. Juni 1871 bis 31. Dez. 1873 
42 LEONI: „Verfassungsrecht“, 8. 91.
	        
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