— 579 —
recht und das Verwaltungsgericht; hier handelt es sich um Ver-
fassungsfragen und Machtfragen. Stimmt die Volksvertretung
bei, so ist alles erledigt, wo nicht, so mag sie ihre Macht ver-
suchen: Ministeranklage, Senatskontrole, Budgetverweigerung,
Berufung an die Wähler durch Auflösung der Kammern, zuletzt
Staatsstreich oder Revolution, das sind die Formen der Lösung“?”,
Diese Lehre von den „actes de gouvernement“ bildet also
einen Bestandtheil des französischen öffentlichen Rechts (droit
public), aber einen Bestandtheil des Verfassungsrechts (droit con-
stitutionnel), nicht des Verwaltungsrechts (droit administratif); sie
steht im engsten Zusammenhange mit den Grundsätzen über die
politische Verantwortlichkeit, welche das französische Staatsober-
haupt bezw. die französischen Minister den französischen Kammern
gegenüber hatten. Hierüber kann ein Zweifel überhaupt nicht
bestehen. DucrocgQ sagt in seinem „Cours de droit administratif“
ausdrücklich: „Il ne faut pas, avec les actes de l’administration,
qui seuls peuvent donner lieu au contentieux administratif, con-
fondre les actes gouvernementaux, sur lesquels il n’appartient
pas & la jurisdietion administrative de statuer; ils rel&vent direc-
tement des corps politiques et de l’opinion publique et engagent
les questions politiques de responsabilit& ministerielle et autres.
Ici se pr&sente la s&eparation du droit constitutionnel
et du droit administratif, du gouvernement et de l’ad-
ministration®®®.,
Das ganze französische Verfassungsrecht ist nun durch die
Lostrennung Elsass - Lothringens von Frankreich in Wegfall ge-
kommen; in Geltung geblieben ist nur das Verwaltungsrecht.
Das heutige elsass-lothringische Verfassungsrecht beruht aus-
schliesslich auf deutschen Gesetzen, nämlich auf den Gesetzen
vom 9. Juni 1871, 25. Juni 1873, 2. Mai 1877 und 4. Juli 1879.
Zur Auslegung dieser deutschen Gesetze aber können die Be-
5” „Theorie des französischen Verwaltungsrechts“, 8.9.
58° Ducrocqg: „Cours de droit administratif“. Paris 1874, Bd. I N, 194.