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stimmungen des französischen Verfassungsrechts ebenso wenig
herangezogen werden, wie die heute in Hannover geltende preus-
sische Verfassung vom 31. Jan. 1850 aus den ehemaligen han-
növerschen Staatsgrundgesetzen von 1833 und 1840 erläutert
werden kann,
X.
In den vorhergehenden Abschnitten ist das Prinzip gefunden,
dass der Diktaturparagraph dem Öberpräsidenten eine erweiterte
Kompetenz überträgt, nämlich die Kompetenz, bei Gefahr für
die öffentliche Sicherheit Verwaltungshandlungen vorzunehmen,
welche zur Kompetenz der obersten Staatsbehörden (Reichskanzler
und Kaiser) oder der Militärbehörden in elsass-lothringischen
Landes-Angelegenheiten gehören. Es sind nunmehr die einzelnen
Fälle zu untersuchen, in welchen dieser Grundsatz Anwendung
finden kann.
Die Ausdehnung der Kompetenz des ÖOberpräsidenten auf
Verwaltungshandlungen, welche zur Zuständigkeit des Reichs-
kanzlers. in elsass-lothringischen Landes-Angelegenheiten gehörten,
hat gegenwärtig keine praktische Bedeutung mehr, da seit dem
1. Okt. 1879 die ehemaligen Befugnisse des Reichskanzlers in
elsass-lothringischen Landesangelegenheiten und die Diktatur-
befugnisse des Oberpräsidenten in der Person des Statthalters
vereinigt sind.
Zu den Verwaltungsbefugnissen des Kaisers in elsass-loth-
ringischen Landesangelegenheiten gehört auch die Befugniss, ge-
wisse Klassen von Beamten zu ernennen, sowie zeitweise, dauernd
oder zwangsweise in den Ruhestand zu versetzen. Die Ausdeh-
nung der Kompetenz des Statthalters auf diese Befugniss des
Kaisers ist ohne Bedeutung. Es wird wohl niemals vorkommen,
dass .die sofortige, definitive Anstellung eines Beamten zur Ab-
wendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit geeignet und
nöthig ist; zur vorläufigen Amtsenthebung aber genügen die Vor-
schriften. des gemeinen Rechts, da nach $ 131 des Reichsbeamten-