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Bedeutung. Der Statthalter hat kein Interesse, auf Grund des
französischen Gesetzes den Belagerungszustand zu erklären, da
durch diese Erklärung seine eigenen Machtbefugnisse nicht ver-
mehrt, sondern eher vermindert würden. Die Militärbehörde hat
ebenfalls kein Interesse, die Erklärung des Belagerungszustandes
auf Grund des französischen Gesetzes zu verlangen, da die mili-
tärischen Interessen durch Art. 68 der Reichsverfassung und
durch das Reichsgesetz vom 30. Mai 1892 genügend gewahrt sind.
Zu den Verwaltungsbefugnissen des Kaisers in elsass-loth-
ringischen Landesangelegenheiten gehört endlich auch die Be-
rufung, Schliessung, Vertagung und Auflösung des Landes-
ausschusses. Der Statthalter ist nicht befugt, auf Grund des
Diktaturparagraphen eine auf den Landesausschuss bezügliche
Anordnung zu treffen. Die erwähnten, den Landesausschuss be-
treffenden Massregeln gehören in das (Gebiet des Staatsrechts,
während die Wirkung des Diktaturparagraphen auf das Gebiet
des Verwaltungsrechts beschränkt ist. Auch ist die Befugniss
des Kaisers, den Landesausschuss zu vertagen und aufzulösen,
durch ein Reichsgesetz begründet ($ 19 des Reichsgesetzes vom
4. Juli 1879), welches nach den früheren Ausführungen eine
Schranke für den Diktaturparagraphen bildet.
Die ganze generelle Klausel in dem ersten Satz des Diktatur-
paragraphen hat also eine sehr geringe theoretische und gar keine
praktische Bedeutung. Wichtiger sind die im zweiten Satz des
Diktaturparagraphen erwähnten Befugnisse des Art. 9 des Ge-
setzes vom 9. Aug. 1849.
Nach Art. 9 Ziff. 1 des genannten Gesetzes hat der Statt-
halter das Recht: „de faire des perquisitions de jour et de nuit
dans le domicile des oitoyens.“ Hiernach kann der Statthalter,
ohne dass überhaupt der Verdacht einer strafbaren Handlung
vorliegt und ohne dass die übrigen in $$ 102—110 der Straf-
prozessordnung erwähnten Voraussetzungen gegeben sind, Haus-
suchungen vornehmen lassen. Theoretisch erscheint diese Macht-