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Ein grösseres Interesse als diese staatsrechtlichen Fragen dürfte unseres
Zrachtens der zweite Theil des Werkes haben, der die privatrechtlichen Be-
ziehungen des Wappens, nämlich die Rechte bespricht, die Jemand an seinem
eignen Wappen hatte, ein Recht, das heutigen Tages landesherrlich zu be-
stätigen ist. Man wird staunen, zu hören, dass man Wappen verkaufte, ver-
schenkte, verlieh, wie eine Sache. Aber dies Recht war auf eine eigenthüm-
liche Weise beschränkt durch den Umstand, dass das Wappen als Familien-
zeichen naturgemäss nicht dem Einzelnen, sondern der ganzen Familie zustand.
Auch diese Betonung der Familie ist etwas spezifisch Deutschrechtliches,
aber auch ganz Selbstverständliches. Mit Recht weist der Verfasser darauf
hin, dass hier, wie in den Fideikommissen, den Retraktrechten und ähnlichen
Einrichtungen die Neigung des Deutschen sich kundgebe, als eigentlich Be-
rechtigten die Familie anzusehen, dem Einzelnen dagegen nur ein Benutzungs-
recht zuzugestehen.
Ebenfalls spezifisch deutschrechtlich ist eine weitere Eigenthümlichkeit
des Wappenrechtes, nämlich der Heimfall des Wappens einer ausgestorbenen
Familie an den Landesherrn. HAUPTMANN ist hier der Versuchung ausgewichen,
diesen Heimfall, was allerdings nahe gelegen hätte und anderswo auch schon
behauptet worden ist, auf einen Lehenscharakter des Wappens zurückzuführen.
Es ist ihm nicht entgangen, dass innere Gründe, trotzdem das Wappen oft
direkt ein Lehen genannt wird, dagegen sprechen. Denn die Verleihung des
Landes bedingte durchaus noch nicht die eines Wappens; letzteres wurde
vielmehr wohl in der Mehrzahl der Fälle von dem neuen Ritter selbst gewählt.
Die Erklärung, die er giebt, es liege hier der Heimfall der Habe des erblos Ver-
storbenen an den Landesherrn vor, scheint uns, soweit wir die Sache übersehen,
einwandsfrei zu sein; wenigstens lässt er sich so hinreichend rechtfertigen.
Auf weitere Einzelheiten einzugehen, müssen wir uns versagen. Jeden-
falls wird aus dem Gesagten erhellen, ein wie interessantes, spezifisch deutsch-
rechtliches Institut HAUPTMANN in seinem Wappenrecht bearbeitet hat. Eine
dankenswerthe Zugabe zu der Arbeit ist der Abdruck einer grossen Anzahl
diesbezüglicher Urkunden. Ist der Gedanke, dass man Wappen verkaufte,
verschenkte und verlieh, ein so ungewohnter, so war es allerdings wünschens-
werth, den Wortlaut der betreffenden Urkunden vor sich zu sehen.
Zum Schlusse mag noch die hübsche Ausstattung des Buches und der
reiche Illustrationsschmuck, Letzteres allerdings eine Seltenheit in einem
juristischen Werke, aber hier ganz am Platze, lobend erwähnt werden.
Steglitz. Maximilian Gritzner.
Richard Scholz, Beiträge zur Geschichte der Hoheitsrechte des
deutschen Königs zur Zeit der ersten Staufer (1138—1197).
‘(Leipziger Studien aus dem Gebiet der Geschichte 2,4.) Leipzig,
Duncker & Humblot; 1896. 8°. 127 S. M. 3.20.
Ein: ebenso wichtiges als interessantes Kapitel. der deutschen Verfas-