Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

in Civilsachen bereits seit längerer Zeit im Wege der Gesetz- 
gebung modifiziert worden. Der erste legislatorische Versuch 
nach dieser Richtung hin datiert vom Jahre 1833; 1843 machte 
die Gesetzgebung einen weiteren Versuch, und 1846 liess man 
bei der Einführung der modernen Grafschaftsgerichte für diese 
letzteren Gerichte das alte Prinzip vollständig fallen. Seit 1851 
hat man in allen Civilsachen die eidliche Vernehmung der Par- 
teien ohne Beschränkungen zugelassen. Gelangt ein Civilprozess 
zur mündlichen Hauptverhandlung, d.h. lässt sich nicht ein Ver- 
säumnisurteil oder ein summarisches Urteil erwirken, so werden 
die Parteien selbst, oder doch jedenfalls der Kläger dem Prozess- 
gerichte bei der Beweisaufnahme als Zeugen vorgeführt, beeidigt 
und dem Kreuzverhör unterworfen. Die Parteien funktionieren 
als beeidigte Zeugen in eigener Sache; Schiedseide und richter- 
lich auferlegte Eide sind dem englischen Civilprozess gänzlich 
unbekannt. In Strafsachen ist das alte Prinzip, wonach eine 
Partei in eigener Sache nicht eidlich als Zeuge vernommen 
werden kann, bisher als die Regel beibehalten worden. Sieht 
man von vereinzelten Fällen ab, in welchen der Angeklagte, falls 
er konsentiert, eidlich als Zeuge in eigener Sache funktionieren 
kann, so darf heute weder die Verteidigung, noch die Anklage 
den Angeklagten als Zeugen vorführen. Es ist ferner Rechtens, 
dass Mitangeklagte weder für, noch gegen einander Zeugnis ab- 
legen sollen. Ein Mitangeklagter, welcher sich schuldig bekennt, 
wird jedoch damit zeugnisfähig; ausserdem ist es statthaft, die 
Freisprechung eines Mitangeklagten zu beantragen, um ihn als 
Zeugen verwenden zu können. Bezweckt die Mitanklage die 
Vernehmung eines der Mitangeklagten zu verhindern, so erfolgt 
Trennung der Anklagen, wenn nicht gar Freisprechung, und ist 
damit die Vernehmung des Mitangeklagten ermöglicht. Was end- 
lich Ehegatten betrifft, so können dieselben, von Ausnahmefällen 
abgesehen, weder für, noch gegen einander als Zeugen fungieren; 
ein Ehegatte darf selbst nicht für den Mitangeklagten des anderen
	        
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