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testamenti factionem. neque enim credendum est Ro-
manum principem qui iura tuetur huiusmodi verbo
totam observationem testamentorum multis vigiliis
excogitatam atque inventam velle everti.“
Der Grund ist klar und liegt schliesslich in analogen Er-
wägungen, wie sie uns auch im Prozess den Bestand eines ein-
mal begründeten subjektiven Rechtes solange annehmen lassen,
als bis der Gegner das Vorhandensein rechtsvernichtender
Thatsachen dargethan hat: was einmal begründet ist, das hat die
Vermutung seiner Fortdauer zunächst für sich, und demgegen-
über kann der Wegfall nur auf Grund ausreichender Anhalts-
punkte angenommen werden. Dies eine Erwägung nebenbei, die
in dem früher oft verteidigten Satze „olim possessor, hodie
possessor* und der damit zusammenhängenden Umgestaltung des
römischen Besitzinterdiktes zum possessorium ordinarium eine
wenig glückliche, ja missverständliche Anwendung gefunden hat.
Treffen diese Erwägungen schon im Allgemeinen zu, so wird
man ihnen angesichts des Bürgerlichen Gesetzbuches ihre Geltung
& fortiori nicht versagen dürfen. Denn der Art. 32 cit. spricht
ja mit dürren Worten die prinzipielle Aufrechthaltung des bis-
herigen Reichsrechtes aus; nur soweit sie sich aus den dort ge-
nannten besonderen Gesichtspunkten ergiebt, soll seine Auf-
hebung erfolgen. Damit wird doch, prozessrechtlich ausgedrückt,
eine praesumtio iuris für die Konservierung der reichsrecht-
lichen Sätze zweifelsfrei statuiert.
2. Kaum weniger allgemeiner Anerkennung erfreut sich der
bekannte Satz, dass durch die Aufhebung der alten Rechtsregel
nicht auch die bisher von ihr anerkannten Ausnahmesätze auf-
gehoben seien — lex posterior generalis non derogat
priori speciali. Es ist nicht meine Aufgabe, über Entstehung
und Dogmengeschichte dieser Parömie hier Untersuchungen an-
zustellen, noch auch die für sie angerufenen Fragmente des
Corpus Juris auf ihre Beweiskraft zu untersuchen; ich verweise
1*