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es ferner in einem Urtheil: „Das Gebot der Behändigung der
Arbeitsordnung an den Arbeitnehmer entspricht eben einem der
Natur der Sache entsprungenen dringenden Bedürfniss desselben;
dem Arbeitnehmer soll nicht zugemuthet werden, zum Bestand-
tkeile seines Arbeitsvertrages eine Arbeitsordnung zu machen,
deren volle Tragweite ihm bei einem flüchtigen gelegentlichen
Durchlesen unmöglich klar werden kann.“ Auch das ist doch
wohl verfehlt, denn die Arbeitsordnung ist dem Arbeiter beim
Eintritt in die Beschäftigung zu behändigen. Die Behändi-
gung hat daher frühestens gleichzeitig mit der Annahme zu er-
folgen; der Arbeiter ist also trotz der Behändigung an eine Ar-
beitsordnung gebunden, deren Inhalt er nach Lage der Sache
noch nicht geprüft haben kann.
Gegen die Nothwendigkeit der Behändigung wird ferner in
einem Urtheile angeführt, dass bei dieser Auffassung „der im
& 134* als einheitlicher Akt vorgesehene Erlass in so viele ein-
zelne Theilhandlungen zerlegt würde, als Arbeiter angenommen
werden. Statt einer einheitlichen, 14 Tage nach Erlass durch
Aushängen für alle jetzigen und zukünftigen Arbeiter giltigen
Arbeitsordnung, wie sie der Gesetzgeber erstrebt, würde für jeden
Arbeiter ein besonderer „Erlass“ durch Behändigung eintreten,
mit jedem Arbeiter würde auf Grund der aushängenden Arbeits-
ordnung durch Behändigung derselben ein Arbeitsvertrag geschlos-
sen, der... nur durch den Formalakt der Behändigung gültig
würde und auch das nur 14 Tage nach der Behändigung
($ 134° Abs. 4).“ Diesen Ausführungen gegenüber könnte man
vielleicht auf die Vertragsnatur der Arbeitsordnung hinweisen.
Ist sie nämlich ein Vertragsentwurf, so wird sie in der That so
oft in Geltung gesetzt, als Arbeiter angenommen werden, und
$ 134° Abs. 4 würde dann nur den Zeitpunkt regeln, von wel-
chem ab der durch das Gesetz erstrebte Zustand beginnt, dass
nämlich in der betreffenden Fabrik Arbeitsverträge nunmehr auf
der Grundlage der Arbeitsordnung durch den Eintritt der Ar-