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deswegen auf die Angaben von Tuısaut (Pandekten $ 41 No. u)
und HOLzZSCHUHER (Theorie und Kasuistik 8 4 No. 9), sowie auf
die ausführliche Erörterung in des ersteren civilistischen Ab-
handlungen No. 7 8. 108/30. Jene Stellen, und mit ihnen die
öfters angerufene canonische c. 1 in VI to I, 2 geben ein für
unsere Regel schwerlich ausschlaggebendes Resultat, ganz ab-
gesehen davon, dass ihnen nach der allgemeinen Rechtslehre und
dem Bürgerlichen Gesetzbuch zwar eine immerhin autoritative,
aber mit nichten entscheidende Stimme eingeräumt werden könnte.
Mit einer gewissen Berechtigung wenigstens darf man noch am
ehesten PAPInIAn’s Ausspruch in der 1. 80 D. L,17 (cf. auch
seine ähnliche 1. 41 D. XLVIII, 29) anrufen:
„in toto iure generi per speciem derogatur et illud
potissimum habetur, quod ad speciem derectum est“,
während die von HOLZSCHUHER als widersprechend bezeichnete
1.3 85 D. XLVIL, 12 in Wahrheit nichts beweist. Denn sie
spricht von „generalia rescripta® nicht im Sinne des regel-
mässigen, sondern des gemeinen, universellen Rechts, dem
gegenüber die bisherigen leges municipales unbeachtbar sein
sollen. Dabei handelt es sich also ebensowenig, wie in unserem
Art. 55 E.-G., um das Verhältnis zweier an sich äquivalenter
Rechtsquellen.
Aber auch ohne sichere positivrechtliche Stütze ist unser
Satz ein Gemeingut der modernen Rechtswissenschaft geworden;
ich verweise auch hier wieder statt aller, ausser den oben Ge-
nannten, auf WINDSCHEID ($ 31 a. E.), DERNBURG (8 30) und
HÖLDER (8 16). Wohl mit Recht erblickt Letzterer darin nichts
weiter als „eine einzelne Anwendung“ des obigen ersten Satzes.
Freilich ist neuestens unsere, auch in den Rechtsphilosophieen
und Enzyklopädien (z. B. von ARNDT's, WARNKÖNIG) allgemein
vorgetragene Parömie befehdet worden von REGELSBERGER (Pan-
dekten 8 26 No. 3).” Ob die neue Regel auch die von der alten
anerkannten Ausnahmen ergreift, ist ihm Sache der Auslegung