Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

— 143 — 
Eigentempel, der wiederum auf das Haus-Priesterthum des Familienvaters 
zurückgeführt wird. Referent ist von der Richtigkeit dieser Konstruktion 
des Verfassers nicht überzeugt worden. Es werden nun die Eigenkirchen 
bei den verschiedenen germanischen Stämmen eingehend untersucht; ins- 
besondere die Schicksale dieses Instituts im fränkischen Reiche, die Eigen- 
kirchen des kleineren Grundherrn, des Königs, der Klöster besprochen. Die 
definitive Aufnahme in das Kirchenrecht findet unter den Karolingern statt: 
Karl der Grosse legt auf der Synode zu Frankfurt 794 die Grundlagen, die 
dann 819 unter Ludwig dem Frommen ausgebaut werden und unter Papst 
Eugen II. 826 die förmliche Approbation der kirchlichen Centralgewalt 
finden. Die Zeit des kirchlichen und politischen Niedergangs zeitigt dann viele 
Missstände auch auf diesem Gebiete und die Bestrebungen der kirchlichen 
Reformpartei drohen dem ganzen Institute den Untergang: an. Seine Rettung 
hat es dem Eintreten Hinkmars von Reims zu danken. Seit dieser Zeit 
dehnt sich das Eigenkirchenwesen noch über sein ursprüngliches Geltungs- 
gebiet aus: selbst die bischöflichen Kirchen erscheinen hievon ergriffen, so 
dass es schliesslich keinerlei Art von niederen Kirchen giebt, die nicht unter 
Eigenkirchenrecht ständen. Es bedingt das den Verlust der Rechtspersönlich- 
keit der Kirche (des Heiligen). Die Kirche wird zur wesentlich privatrecht- 
lich behandelten Sache. — Dies in Kurzem der Gedankengang des Buches. 
Hervorzuheben ist die sichere Beherrschung des umfangreichen Materials, 
der Quellen wie der Litteratur. So versteht es der Verfasser, trotz grosser 
Ausführlichkeit doch ein anschauliches Bild der Gesammtentwicklung zu 
geben. Die näheren Fachgenossen des Verfassers werden gewiss die Fort- 
setzung des so erfreulich begonnenen Werkes mit Spannung erwarten. 
Freiburg (Schweiz). Dr. jur. L. von Savigny. 
Seitz, Dr. Karl Joseph. Die praktische Rechtsschule im Entwick- 
lungskampfe mit den bisherigen doktrinären, historischen 
und Natur-Rechtsschulen. München, J. Schweitzers Verlag, 
1895. XXXVII u. 6528. M. 15.—. 
Der Verfasser will der historischen und der Naturrechtsschule eine 
praktische Rechtsschule entgegensetzen. Die letztere hat zur Aufgabe die 
Pflege desjenigen Rechts, das sich aus der lebendigen Praxis ergiebt, in den 
Entscheidungen der Gerichte sich spiegelt und dem fortschreitenden Bedürf- 
nisse sich anpasst. Seitz will die Kluft, welche zwischen der historischen 
und Naturrechtstheorie einerseits und der praktischen Rechtsschule anderer- 
seits bestehe, aufdecken; er giebt uns sodann eine Geschichte des praktischen 
Civilrechts und führt in längeren Darlegungen den Werth und die Bedeutung 
der sog. praktischen Rechtsschule vor. 
Was Seitz gegen die Naturrechtsschule anführt, wird auf allgemeine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.