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Diese Organisation vollzieht sich. in drei Haupt-Typen. Nämlich einmal
sucht das Wirthschaftssubjekt die ihm nöthige Ergänzung im Zusammen-
schluss einer Mehrzahl koordinirter Subjekte; dafür ist die Grundform die
societas mit ihren mannigfachen, namentlich im modernen Handelsrecht
entwickelten Spielarten. Oder das Wirthschaftssubjekt bedarf der Ver-
tretung durch eine andere Person, die statt seiner handelt; dafür ist die
Grundform das Mandat nebst der Vollmacht; innerlich nahe verwandt
damit sind jedoch die allerdings nicht auf Verträgen beruhenden, aber doch
als Quasi-Kontrakte behandelten Institute der Vormundschaft und Pfleg-
schaft in ihren verschiedenen Arten, sowie der Vertretung juristischer Per-
sonen. Oder endlich findet das Wirthschaftssubjekt seine Ergänzung durch
die organisatorische Verbindung mit untergeordneten Hilfskräften; dafür ist
die Grundform der Beamtenvertrag, und zwar hier ohne Unterschied,
ob es sich um Staats-, Gemeinde-, Kirchen- oder Privatbeamte handelt.
Diese Unterscheidung der Verträge nach ihrem wirthschaftlichen Zwecke
wäre an sich juristisch unergiebig, sofern sich daraus keine Konsequenzen für
die rechtliche Natur jener Verträge entwickelten. Der Nachweis dieser Be-
einflussung der rechtlichen Natur durch den wirthschaftlichen Zweck ist der
springende Punkt in der Untersuchung STEINBACH’s.
Die Güteraustauschverträge aller Art sind Erscheinungen des
wirthschaftlichen Kampfes, des Streites zwischen Angebot und Nachfrage;
die Kontrahenten sind wirthschaftliche Gegner, denen daher das Recht auch
einen weiten Kampfplatz frei lässt zur Verfolgung ihrer antagonistischen
Interessen: „naturaliter contrahentibus licet se circumvenire.“ Erst das
öffentliche Interesse, eventuell im kleidsamen Gewande der „boni mores“
oder in der Rüstung wider den „dolus malus“, zieht dem freien Kampfe
der privaten Interessen eine Schranke. Ganz anders verhält sich das Recht
gegenüber den Verträgen der wirthschaftlichen Organisation. Sie
sind Erscheinungen des wirthschaftlichen Friedens, der Vereinigung zu
gemeinsamer Interessenverfolgung; die Kontrahenten sind wirthschaftliche
Bundesgenossen, deren Verhältniss daher das Recht auch auf gegenseitiger
Treue und offenem Vertrauen aufbaut, indem es jenes „se circumvenire“
prinzipiell ausschliesst. Hier ist das eigenste Reich der bona fides. Während
bei jener anderen Kategorie die Verfolgung des eignen Vortheils gegenüber
dem Mitkontrahenten die geradezu selbstverständliche Voraussetzung bildet,
ist dieselbe hier vom Recht absolut verpönt: weder darf der socius auf Kosten
der socii, noch der Mandatar (Vormund etc.) auf Kosten des Mandanten (Mün-
dels ete.), noch der Beamte auf Kosten des Dienstherrn den eignen Vortheil
suchen; ja er ist unter Umständen geradezu für die Wahrnehmung des Vortheils
zu Gunsten des Mitkontrahenten haftbar. Dafür jedoch schützt das Recht den
so in der Verfolgung seines eignen Vortheils Behinderten im Sinne der Billig-
keit gegen Schäden und Verluste aus dem Organisationsvertrage, da das
Treueverhältniss eben ein gegenseitiges ist; und es regelt: die Haftungs-