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hervortretenden rechtspolitischen Bestrebungen. Durch die Scheidung jener
beiden Begriffskategorien vermag man das Wesen dieser Bestrebungen
geistig klarer zu fassen. Dabei liegt keine Gefahr vor, wider die Warnung
vor parteipolitischer Behandlung seiner Untersuchungen, die STEINBACH im
Vorwort nachdrücklich ausspricht, zu verstossen. Denn seine ganze Be-
trachtungsweise ist zweifellos eine streng objektive und wissenschaftliche;
politische Auffassung spricht hier nur insoweit mit, wie sie von jeder Unter-
suchung de lege ferenda eben stets unzertrennlich ist. In diesem Sinne
verdient die Behandlung „aktueller Fragen“, denen das letzte Drittel des
Buches gewidmet ist, besonderes Interesse. Den neuesten Versuchen der
deutschen Gesetzgebung, das „Selbsteintrittsrecht des Kommissio-
närs“ in einer zugleich dem Güteraustausche wie dem Treueverhältnisse
gerecht werdenden Weise zu regeln, steht STEINBA0H mit Recht sehr skep-
tisch gegenüber. Ob freilich seine eigne Meinung: „die reinliche Scheidung
zwischen echtem Kommissions- und Kaufgeschäft wird sich im Verkehr all-
mählich vollziehen“, die Sanktion der Erfahrung erhalten wird, ist doch
mindestens zweifelhaft. Für das Börsenkommissionsgeschäft, um das es sich
hier wesentlich handelt, scheint praktisch wohl kaum noch etwas zu scheiden
zu sein; es ist eben thatsächlich ein reines Kaufgeschäft geworden. — Sehr
interessant und klärend sind die folgenden Ausführungen über „die Straf-
barkeit des Arbeitsvertragsbruches“, die STEINBACH mit guten Gründen
bekämpft. — In innigem Zusammenhange unter einander und mit der
Grundidee des Verfassers stehen die drei letzten Untersuchungen über „die
Wahrung des Geschäftsgeheimnisses“, „die Konkurrenzklauseln“
und „die Kartelle“. Das gemeinsame Grundproblem wurzelt in der That-
sache, dass das Prinzip der unbeschränkten Vertragsfreiheit seine eigne
Negation in sich trägt, indem es eventuell zu vertragsmässiger Begründung
absoluter Unfreiheit führen könnte. Durch Beschränkung der Freiheit ist
also die Freiheit zu sichern; aber aus dem Wie und Wo dieser Beschränkung
entspringen die erheblichsten Schwierigkeiten der Gesetzgebungspolitik. Dass
hier Steinsach’s Leitmotiv vom wirthschaftlichen Organisationsvertrag viel-
fach den status causae et controversiae klarer herausstellt, wird man bei der
Lektüre gern anerkennen; aber freilich vermag es gerade die schlimmsten
Schwierigkeiten nicht zu lösen. Ganz verfehlt scheint namentlich STEINBACH’s
Heilmittel in der intrikaten Frage der wirthschaftlich schädlichen, mono-
polisirenden Kartelle, denen gegenüber er eine Art von Popularklage oder
Quasi-Staatsanwaltschaft einführen will. Auch wenn man sich ganz frei weiss
von dem Schauder, der bei solcher Anregung „jeden in der Schule unseres
kontinentalen Civilprozesses erzogenen Juristen befallen“ soll, wird man den
Vorschlag wegen der voraussichtlichen Wirkungslosigkeit des ganzen grossen
Apparats verwerfen müssen. Aber wenn so der letzte Gedanke der Schrift
gerade kein guter ist, so hat das für den Gesammtwerth um so weniger zu
bedeuten, als jener Vorschlag durchaus kein essentiale der Grundidee bildet.