Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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ganz unabhängig von seinen Vorstellungen und Ueberzeugungen 
angewendet. Dies zu rechtfertigen, haben bisher Diejenigen, welche 
eine Theorie des Gewohnheitsrechts aufgestellt haben, versucht, 
mag auch ihr Gedankengang sie dahin geführt haben, diesem 
Punkte in geringerem Grade ihre Aufmerksamkeit zu schenken 
oder anzunehmen, dass er durch die Gesammtheit ihrer Aus- 
führungen erledigt sei. Der vorhin bemängelte Ausspruch ZITEL- 
MANN’s giebt der Vermuthung Raum, dass auch er sich dieser 
Anforderung nicht ganz hat entziehen wollen, wenn er auch 
grundsätzlich eine Antwort für unmöglich erklärt. Er hat hierin 
ja bis zu einem gewissen Grade Recht, aber sein eigener Aus- 
gangspunkt scheint mir doch mit Nothwendigkeit weitere Aus- 
führungen zu verlangen, als er sie gibt. Die Hypothese bei 
dem Urtheil, ein Rechtssatz gilt, ist das Bestehen gewisser that- 
sächlicher Verhältnisse. Bei der These liegt es am nächsten, an 
das Handeln der Menschen in bestimmter Richtung oder an das 
Eintreten einer Verpflichtung zu solchem Handeln zu denken. 
In ersterem Sinne wäre unser Urtheil aber unrichtig, da recht- 
liche Gesetze nicht wie ein Naturkausalismus wirken, vielmehr 
dem Menschen die Möglichkeit des Zuwiderhandelns bleibt; diese 
Auffassung ist auch nicht diejenige ZITELMANN’s. Das Eintreten 
einer Verpflichtung kann aber gar nicht wie ein Naturereigniss 
durch Beobachtung festgestellt werden, weil sie nicht der Welt 
der Erscheinungen angehört, sondern wir müssen einen Grund 
angeben können, auf dem die Verpflichtung beruht, sonst ist 
unsere Behauptung, dass sie bestehe, eben eine blosse Behaup- 
tung, die vielleicht der Wirklichkeit entspricht, vielleicht aber 
auch nicht. Wenn ein Astronom einem Wilden sagt, dass nicht 
die Sonne sich um die Erde, sondern die Erde sich um die 
Sonne dreht, so kann er ihm dies nicht durch den Augenschein 
beweisen; will er ihn also überzeugen, so muss er ihm die That- 
sachen vorführen, die den Schluss rechtfertigen, dass es so ist, 
wie er angibt. Und hierzu ist er auch im Stande, wenngleich.
	        
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