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sätze als etwas objektiv Gegebenes, also auch, abgesehen von Um-
gestaltungen der thatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich be-
ziehen, Unabänderliches ansieht, oder ob er die Geltung der
Normen aus dem subjektiven Werthurtheil derjenigen Menschen
ableiten will, bei denen jene zur Zeit anerkannt sind, geht aus
seinen Erörterungen nicht klar hervor. Für ersteres scheint zu
sprechen, dass er hervorhebt: die rechtliche und staatliche Ord-
nung werde im besten Falle durch eine grosse Majorität, häufig
aber durch eine über genügende Machtmittel verfügende Minorität
geschaffen, und dass eine Verpflichtung der ursprünglich Dissen-
tirenden, sich der neuen Ordnung zu fügen, sich nur auf den
Werth dieser stützen lasse, sowie die weitere Behauptung, eine
Volksüberzeugung, dass ein Satz gerecht sei, während er es in
Wirklichkeit nicht ist, könne keine Bedeutung für sich in An-
spruch nehmen (a. a. OÖ. S. 197 und 198). Ist dies aber richtig,
so ist es um die Sicherheit des Verkehrs schlecht bestellt, da die
objektive Wahrheit und der objektive Werth sich eben nicht mit
unzweifelhafter Sicherheit feststellen lässt. Alle Normen haben
dann nur eine hypothetische Bedeutung, es genügt nicht, bei An-
wendung einer Satzung sich darauf zu berufen, dass sie von einer
hierzu befugten Person ausgegangen ist, sondern man muss auch
überzeugend darlegen, dass sie inhaltlich zu billigen sei, kurz es
wird die erste und wichtigste Eigenschaft einer Rechtsordnung,
die Sicherheit und Unzweifelhaftigkeit ihres Bestandes, vernichtet.
Auch mit der Heranziehung der Autorität des Staates ist unter
dieser Voraussetzung nichts gewonnen. Sollen Volkswille und
Volksüberzeugung keine Bedeutung haben, falls die ihnen zu
Grunde liegende Werthschätzung unrichtig ist, so kann solche
unter der gleichen Voraussetzung auch dem Staatswillen nicht
zukommen. Und dass die Genehmigung des Gesetzgebers nicht
für jede einzelne Uebung besonders erfolgt, sondern als allgemeine
Vorschrift aufgefasst wird, ändert hieran nichts, da sein vermuth-
licher Wille nicht dahin gehen kann, alle Gewohnheiten unter