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das entscheidende Gewicht auf den vermuthlichen Staatswillen und
führt auf ihn die Geltung des Gewohnheitsrechts zurück (S. 208ff.),
wobei er nicht an eine Billigung der einzelnen Gewohnheiten
denkt, sondern nur fordert, dass der Gesetzgeber wisse, die Uebung
sei bisher in grossem Umfange Rechtsquelle gewesen (8. 213).
(Ganz unbeachtet will er aber doch auch ihren sonstigen Werth
nicht lassen, da er sagt, dass neben dem Willen des Staates auch
noch andere Gründe dafür sprechen können, das Gewohnheitsrecht
als bindende Norm zu betrachten, und dass diese dann zugleich
das Motiv für den Gesetzgeber bilden, dem Gewohnheitsrechte
bindende Kraft beizulegen (S. 203). Ist dies aber der Fall, so
muss sich auch der Richter die Frage vorlegen, ob in Bezug auf
die in Betracht kommende Uebung die als Motive wirkenden
Gründe vorliegen und es demnach dem vermuthlichen Willen des
(Gesetzgebers entspreche, wenn jene als verbindlich behandelt
werde. Bedarf es aber erst noch derartiger Untersuchungen, so
scheint mir die wertherhöhende Eigenschaft der Autorität des
Staates erheblich abgeschwächt zu werden. Auch dürfte Rüme-
LIn’s Annahme, dass die Erfordernisse des Gewohnheitsrechts
nicht im Einzelnen durch den Staat festgestellt zu werden
brauchten, nicht zutreffend sein. Wenn er nämlich meint, dass
in Ermangelung besonderer Bestimmungen das Gewohnheitsrecht
so, wie es sich faktisch Geltung verschafft habe und als geltend
betrachtet werde, auch künftighin anerkannt werden müsse (8. 216),
so verlangt er damit von Wissenschaft und Rechtsprechung die
Feststellung dieser thatsächlichen Hergänge; das ist aber eine
unlösbare Aufgabe. Es lassen sich zwar Urtheile genug bei-
bringen, durch die das Bestehen eines Gewohnheitsrechts als
erwiesen anerkannt wird. Allein rücksichtlich der für eine ver-
bindliche Uebung nothwendigen Erfordernisse legen sie den Mass-
stab der jeweils herrschenden Theorie an. Die Richtigkeit dieser
wird ja nun aber gerade bestritten, und es ist desshalb z. B.
zweifelhaft, ob wirklich eine Volksüberzeugung der Uebung zu