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des Volkes hervor, so ist damit, da diese mindestens eine grosse
Anzahl von Volksgenossen beherrscht und die Handlungen der
Menschen überwiegend durch die Grundsätze, die sie für richtig
halten, bestimmt werden, die thatsächliche Befolgung der ent-
sprechenden Normen in grossem Umfange gesichert. Und um-
gekehrt, wenn das Gebot des Gesetzgebers durchaus nicht be-
achtet wird, so zeigt sich hierin, dass es der Rechtsüberzeugung
des Volkes nicht entspricht. Aber wichtiger noch ist es, die
verschiedenen Punkte, über die unsere Lehre Auskunft geben
soll, auseinanderzuhalten, und manche Verwirrung ist dadurch
angerichtet worden, dass man anstatt dessen von allgemeinen
Schlagwörtern wie „Rechtsquelle“ und „Geltung der Rechtssätze*
ausging, mit denen dann von den verschiedenen Schriftstellern
verschiedene Begriffe verbunden wurden.
Die Behauptung, dass Rechtsquelle die Rechtsüberzeugung
des Volkes sei, sagt nur etwas über die Entstehung des Inhaltes
der Rechtssätze, oder wie wir uns vielleicht noch zutreffender
ausdrücken würden, des in den Rechtssätzen enthaltenen Rechts-
gedankens aus, wie schon REINH. SCHMID in seiner Kritik von
BEsELER’s Volksrecht und Juristenrecht (RıcHTer’s Kritische
‚Jahrbücher 1844, S. 398) bemerkt hat!?. Sie beruht aber auch
18 Eine Beantwortung der Frage, ob und aus welchem Grunde das Ge-
wohnbeitsrecht gültig sei, lehnt Puc#ta (I S. 180—181) ausdrücklich ab. Von
seinem Standpunkte aus glaubt er einer solchen nicht zu bedürfen, weil sie
schon in seinen Erörterungen über die Entstehung des Rechts überhaupt
enthalten sei. Denn die gemeinsame Rechtsüberzeugung wird ja nach ihm
von dem Volksgeiste hervorgebracht, von demjenigen, was in allen durch
Abstammung verbundenen Menschen lebt und wirkt und sie zu Genossen
desselben Lebenskreises macht. Gerade desshalb bezeichnen wir eine von
vielen Einzelnen getheilte Ueberzeugung als eine gemeinsame, weil die Ueber-
einstimmung nicht ein Werk des Zufalls ist, sondern sich auf Entstehungs-
gründe zurückführen lässt, die bei allen Einzelnen gleichmässig vorhanden
sind. Der Einzelne nun ist nach PucHta (LS. 139) nicht als solcher, sondern
nur als Glied eines Volkes einer rechtlichen Ueberzeugung fähig. Daher
muss bei dem nothwendigen Einflusse des Volksgeistes auch in Allen dieselbe
gemeinsame Rechtsüberzeugung entstehen und in ihren Handlungen als Ge-