Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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gegeben werden. Die Ausübung von Zwang ist jedoch nur unter 
der Voraussetzung guten Glaubens gerechtfertigt, der durch dieses 
Mittel durchgeführte Grundsatz muss von seinem Urheber als ein 
Ausfluss der Idee der Gerechtigkeit oder als durch Zweckmässig- 
keitsgründe geboten angesehen werden. Nur wenn dies der Fall 
ist, darf er zu seinen Gunsten geltend machen, dass die Vernunft 
die Bildung von Lebensgemeinschaften unter den Menschen for- 
dert, und dass er selbst mit Rücksicht auf die Nothwendigkeit 
der Herrschaft einheitlicher Rechtsgedanken in ihnen nach den 
Gesetzen der Vernunft befugt sei, die von ihm für richtig 
gehaltene Auffassung der Ordnung seiner Beziehungen zu anderen 
Menschen zu Grunde zu legen. Dies gilt auch für den Staat. 
Steht er auf dem Standpunkte, dass er nach den eben entwickelten 
Gesichtspunkten seine Gewalt zur Aufrechterhaltung seiner Rechts- 
ordnung verwenden dürfe, so ist es gerechtfertigt, wenn er dieser 
Anschauung auch Widerstrebenden und sie nicht Anerkennenden 
gegenüber in seiner Handlungsweise Ausdruck gibt '”. 
7 Wir müssen hier mit ein paar Worten darauf eingehen, in welchem 
Sinne Macht zur Aufrechterhaltung der Rechtsordnung verwendet werden 
kann. Durch Anwendung von Zwang ist allerdings die Befolgung der Rechts- 
normen nie so zu sichern, dass ein widersprechendes Verhalten einfach un- 
möglich gemacht würde. Ist aber den Geboten der Rechtsordnung zuwider 
gehandelt, so kann zwar dieses Unrecht nicht hinterdrein völlig wieder auf- 
gehoben werden, weil sich Geschehenes nicht ungeschehen machen lässt. Allein 
vielfach lässt sich für die Zukunft der dem Recht entsprechende Zustand 
herstellen und auch darüber hinaus annähernd derselbe Erfolg erreichen, als 
wenn die Rechtsordnung von vorne herein Gehorsam gefunden hätte. Auch 
für das Gebiet des Strafrechts gilt dies rücksichtlich der Normen im 
Bmopine’schen Sinne, falls man die Strafe auf den Gedanken ausgleichender 
Gerechtigkeit zurückführt; legt man ihr den Zweck „ne peccetur“ zu Grunde, 
so werden immerhin Zwangsmittel nach der Richtung hin angewendet, dass 
der Staat den Gehorsam gegenüber seinen Geboten und Verboten für die 
Zukunft sichern will, also doch Zwang zur Aufrechterhaltung der Rechts- 
ordnung im Ganzen. Schliesslich gibt es freilich auch Rechtssätze, bei 
denen eine gewaltsame Durchführung nicht möglich ist. Denn zum Wesen 
der Rechtssätze gehört ihre Erzwingbarkeit nicht. Ob sich insoweit ein 
Gewohnheitsrecht zu bilden vermag, kann dahingestellt bleiben; ganz aus-
	        
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