— 209 —
dem Wesen der beiden Rechtsquellen ergebe”. WEnpT hat
seine Ansicht nicht näher begründet; der Gedankengang EisELE’s
lässt sich, wenn ich ihn richtig verstanden habe°*, etwa so um-
schreiben: Gesetz und Gewohnheitsrecht sind beide Aeusserungen
desselben Recht setzenden Willens. Eine Vorschrift über das
Verhältniss beider würde also bedeuten, dass der Gesetzgeber
anordnete, sein Wille solle nur verbindlich sein, wenn er ihn in
einer bestimmten Weise äussere. In dieser Weise vermöge aber
der Urheber des Rechts sich nicht selbst zu binden; wenn er
nachher eine Entschliessung fasse und diese in einer durch jene
Vorschrift ausgeschlossenen Art äussere, so enthalte sie darum
doch nicht weniger seinen Willen, schaffe also doch Recht. Ob
er ebenso wie WENDT annimmt, der Gesetzgeber könne auch
über die Erfordernisse des Gewohnheitsrechts keine bindenden
Regeln aufstellen, bleibt hiernach zweifelhaft, doch dürfte diese
Auffassung von seinem Standpunkte aus folgerichtig sein.
Diese Beweisführung ist offenbar nur dann schlüssig, wenn
man alles objektive Recht auf einen Willen und zwar den Willen
eines einzigen Urhebers zurückführt. Da ich keine der beiden
Voraussetzungen für zutreffend halte, so kann ich auch das Er-
gebniss nicht als zutreffend anerkennen. Mindestens ist die
Ansicht der beiden angeführten Schriftsteller in zu grosser All-
gemeinheit ausgesprochen. Zunächst ist es möglich, dass der
Gesetzgeber gewisse Erfordernisse, die aus dem Begriffe des
Gewohnheitsrechts abzuleiten sind, näher feststellt, z. B. anordnet,
dass die Uebung die Verjährungszeit hindurch gedauert haben
müsse. Eine solche im katholischen Kirchenrechte noch heute
anerkannte Bestimmung enthalten die bekannten Stellen des Cor-
pus juris canonici”®. Dass Vorschriften dieser Art zu beachten
28 Vgl. auch KLÖPPEL, Gesetz und Obrigkeit S. 110.
2 Auch EisELE hat seine Gründe nicht im Einzelnen ausgeführt, diese
müssen vielmehr aus dem Zusammenhange entnommen werden.
25 Dass sie für das heutige Privatrecht keine Geltung mehr haben, wird
allgemein angenommen.
Archiv für Öffentliches Recht. XII. 2. 14