Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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ihrem Gebiete durch Uebung neues Recht sich zu bilden ®®. 
Dies übersehen zu haben, ist wohl der erheblichste Mangel des 
sonst so verdienstvollen Werkes von E. MEIER, Die Rechts- 
bildung in Staat und Kirche. 
Auch die Familie ist hiernach ein zur Rechtserzeugung ge- 
eigneter Kreis. Dies wird durch die in Deutschland anerkannte 
Autonomie des hohen Adels bestätigt, die auch in der Gestalt 
eines Gewohnheitsrechts, hier Observanz genannt, wirksam werden 
kann. Es ist aber nicht ein Zufall, dass diese Befugniss sich 
nur auf Verfügungen über Güter und Familienverhältnisse er- 
streckt. Denn nur insoweit bildet die Familie eine in sich ab- 
geschlossene selbständige Einheit. Die betreffenden Bestim- 
mungen sollen zunächst nur innerhalb der Familie gelten, wie 
namentlich bei denjenigen über Ebenbürtigkeit, Successionsfähig- 
keit, Notherbrecht deutlich erhellt. Zwar können sie auch für 
andere Personen massgebend werden, aber dies ist eine nicht 
gewollte Nebenwirkung, wie auch die Statuten einer Korporation 
gegenüber Nichtmitgliedern Anwendung finden, z. B. bei Be- 
urtheilung der Vertretungsbefugniss des Vorstandes, obwohl sie 
an sich nur die inneren Verhältnisse des Vereins ordnen wollen. 
Dies bezieht sich bei den Familien selbst auf solche Vorschriften, 
die nach ihrem Inhalte stets die Interessen fremder Personen 
berühren, z. B. über den Zeitpunkt der Mündigkeit ihrer Mit- 
glieder; auch für sie ist ausschliesslich die Rücksicht auf das 
Wohl der Familie massgebend und die Wirkung für Andere nur 
unbeabsichtigte Folge. Für das Sachen- und Obligationenrecht 
kommen dagegen die Familienangehörigen nicht als solche in 
Betracht, und die Rechtssätze dieser Gebiete sollen sich nach 
3 7. B. besitzen die mecklenburgischen Landstädte seit dem Beginne 
des 16. Jahrhunderts nicht mehr das Recht zum Erlass von Statuten auf 
dem Gebiete des Privatrechts (Böstav, Mecklenb. Landrecht IS. 359), aber 
desshalb hat noch kein Mensch bezweifelt, dass sie örtliches Gewohnheits- 
recht hervorzubringen in der Lage seien.
	        
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