— 22 —
diese eine rechtliche Beziehung zwischen bestimmten physischen
Personen zum Gregenstande, so lassen sie sich auf Ersitzung oder
auf deren übereinstimmenden Willen, also auf Vertrag zurück-
führen, oder ihre grössere Zahl hat gar keine Bedeutung. Ver-
stösst diese Vereinbarung gegen keinen absolut bindenden Rechts-
satz, so ist sie schon als einzelne gültig, ändert aber auch ihr
Wesen nicht, wenn sie unter den Betheiligten als für alle zu-
künftigen Fälle bindend gedacht ist. Steht sie dagegen mit einem
Verbotsgesetze in Widerspruch, so kann sie auf Beachtung keinen
Anspruch machen, auch wenn sie als allgemeine Regel gewollt
ist, weil sonst auf diese Weise Einzelne eine Befreiung von der
gesetzlichen Vorschrift erlangen würden. Das Verbot kann wohl
durch ein entgegengesetztes Gewohnheitsrecht für alle Bürger
"beseitigt werden, aber es würde seinem Zwecke widersprechen,
wenn der Staat dulden wollte, dass es in vereinzelten Fällen
ausser Kraft gesetzt wird. Für die Zulassung einer Sonderrechts-
bildung besteht hiernach einmal kein dringendes Bedürfniss, da
den berechtigten Interessen der betheiligten Menschen nach unserer
Auffassung schon durch die dispositive Natur der meisten Privat-
rechtssätze genügend Rechnung getragen wird, wo aber einmal
die Ausschliessung des Gewohnheitsrechts für die Einzelnen zu
einer Unbilligkeit führt, dies als ein aus der Allgemeinheit der
Rechtssätze sich ergebendes Uebel hingenommen werden muss.
Gegen sie sprechen aber die vorhin gegen ein Familienherkommen
angeführten Gründe, und es würde endlich auch die Geltung
eines solchen Herkommens sich auf die Lebenszeit seiner Urheber
beschränken und hat desshalb im thatsächlichen Verkehr keine
Anerkennung gefunden ®.
Schwieriger wird die Entscheidung, wenn an dem Verhältnisse
*% REGELSBERGER, Pandekten I $ 22 unter I a. E. drückt sich so all-
gemein aus, dass man annehmen kann, er wolle auch ein Gewohnheitsrecht
unter individuell bestimmten physischen Personen zulassen, Beispiele hierfür
hat er aber nicht beigebracht.