Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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in sich trug, ihr müsste denn eine solche wegen der ausserordent- 
lichen Länge des Zeitraums, während dessen sie bestanden hat, 
zugeschrieben werden können. War dagegen weder die voraus- 
gesetzte, noch eine andere Norm vorhanden, so bleibt die bis- 
herige Uebung unter der Voraussetzung bei Bestand, dass sie 
zugleich den Anschauungen über das, was Recht sein sollte, ent- 
spricht. In sehr vielen Fällen ist es nun zweifelhaft, ob die 
Vorstellung, die Norm gehöre der geltenden Rechtsordnung an, 
die alleinige Ursache der Uebung ist, oder ob sie nur als Be- 
gleiterscheinung aufgefasst werden muss, während eigentlich mass- 
gebend die Ueberzeugung ist, die Norm sei angemessen und 
billig. Eine nachträgliche Untersuchung des Sachverhaltes ist 
um so schwieriger, als die Uebenden sich vielfach mit dem Glauben 
begnügt haben, der Satz gelte, ohne sich über seine innere Be- 
gründung eine feste Ansicht zu bilden. Hier bleibt dann meines 
Erachtens nichts Anderes übrig, als ein Versuch der Feststellung, 
ob sie auch jetzt nach Verdeutlichung des Unterschiedes zwischen 
Rechtsgedanken und Rechtssätzen die bisher angewendete Norm 
noch billigen. Ist dies der Fall, so darf man davon ausgehen, 
dass sie dies auch früher gethan haben würden. Und würde 
selbst diese Annahme falsch sein, so würde wenigstens durch die 
Ueberzeugung von der Angemessenheit der Norm deren zukünftige 
Herrschaft gesichert sein. 
Der Behauptung ZITELMANN’s (a. a. OÖ. S. 467), dass das 
Gewohnheitsrecht auf einem Rechtsirrthum beruhen könne, ver- 
mag ich mich daher nur mit Einschränkungen anzuschliessen. 
Sie scheint mir aber auch mit der bei ihm unmittelbar vorher- 
gehenden Ausführung über die Thatsache, dass, wo das Gesetz 
Gewohnbheitsrecht verbietet, sich solches auch nicht weiter bildet, 
nicht recht in Einklang zu stehen. ZITELMANN führt letztere 
Erscheinung darauf zurück, dass es von dem Zeitpunkt an, wo 
der Widerspruch einer etwa doch entstandenen derogatorischen 
Gewohnheit mit dem gesetzlichen Verbote erkannt wird, an der
	        
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