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seinerseits in vielen Punkten eine Kopie der Verfassung des
Frankreich der Restauration war; das letztere ist verschwunden,
auch Belgien taumelt zur Zeit in staatsrechtlichen Experimenten;
der Einfluss der ursprünglichen belgischen Verfassung auf das
kontinentale Europa war jedoch sehr intensiv und dauernd. Ueber
die Geschichte und den dermaligen Stand des englischen Staats-
systemes sind wir durch die unvergänglichen Werke GNxEısT’s
vollständig unterrichtet. Das Werk, das uns die französisch-
belgische Entwickelung und die von ihr vielfach geradezu be-
herrschte Verfassungsentwickelung der europäischen Kontinental-
staaten zur genauen Darstellung bringt, entbehren wir noch
schmerzlich. In einzelnen Punkten, so z. B. in der Lehre von
der parlamentarischen Immunität, auch im Budgetrecht, haben
neuere monographische Arbeiten dankenswert die Entwickelung
erhellt und erklärt. Aber der Gesamtzusammenhang der einzelnen
Materien ist noch nicht zu klarer Erkenntnis gebracht und nur
daraus erklärt sich, dass in einzelnen hochwichtigen Materien,
so insbesondere in der Lehre vom Verordnungsrecht die deutsche
Theorie in den Fesseln französisch-belgischer Anschauungen als
„der konstitutionellen Grundsätze“ hängt, indess das Leben des
preussischen Einzel- und des deutschen Gesamtstaates dieser Fesseln
spottet. Für diese Dinge empfangen wir aus dem vorliegenden
Werke auch keine Förderung; interessant und charakteristisch ist
nur, wie ratlos der amerikanische Verf. vor den ihm unverständ-
lichen Kontroversen der deutschen Theorie über das Verordnungs-
recht steht (I 2682): das belgische Staatsrecht hätte ihm Auf-
klärung gegeben. —
Die Methode der Darstellung im vorliegenden Werke ist die,
dass Verf. zuerst einen Ueberblick der Verfassungseinrichtungen
und sodann der Anschauungen und Bestrebungen der politischen
Parteien des behandelten Staates giebt; am Schlusse des zweiten
Bandes sind die geltenden Verfassungsgesetze von Frankreich,
Italien, dem Deutschen Reiche und Preussen, Oesterreich-Ungarn