Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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folgt (II S. 91), so ist damit die österreichische Staatseinheit 
nicht gelockert, sondern gelöst. Jedenfalls ist das vom Verf. 
für das österreichische Staatsleben der Gegenwart ausgesprochene 
Resultat: „everybody is irreconciliable“* (II S. 121) leider durch- 
aus zutreffend. Dass diese Zustände in so hohem Grade, wie 
Verf. meint, durch eine im öffentlichen Leben Oesterreichs herr- 
schende Korruption und Trinkgelderwirtschaft verschuldet seien 
(II S. 78), müssen wir entschieden bezweifeln; Dinge wie der 
Panama-Skandal oder die Affaire mit der Banca Romana halten 
wir in Oesterreich für völlig ausgeschlossen. 
Der feste Punkt im österreichischen Staatsrecht und Staats- 
leben ist der Kaiser (II S. 93). Das entscheidende Wort in 
der (sesetzgebung auch der „Länder“ steht beim Kaiser und 
Franz Josef macht von diesem Recht mit Entschiedenheit Ge- 
brauch. Diese monarchische Prärogative des Rechts ist getragen 
von unbegrenzter Verehrung und unbegrenztem Vertrauen, das 
alle „Völker“ ÖOesterreichs zu ihrem Kaiser hegen. Aber auch 
diese einzigartige Stellung des Kaisers hat die Verwirrung nicht 
zu bannen vermocht; diese ist vielmehr von Jahr zu Jahr ge- 
stiegen (II S. 100). 
Was soll aus dieser babylonischen Sprachverwirrung des 
österreichischen Staatslebens in Zukunft werden? — diese bange 
Frage liegt auf allen deutschen Lippen. Wird man in Oesterreich 
wieder die tiefe Wahrheit erkennen, die in dem vom Verf. erzählten 
Geschichtchen liegt: dass ein Stationsmeister und ein Ingenieur 
in der ihnen für den amtlichen Verkehr vorgeschriebenen Sprache 
sich nicht zu verständigen vermochten, wohl aber sofort in der 
deutschen Sprache (II S. 99)?! 
Mit besonderer Vorliebe behandelt Verf. die Schweiz. Die 
französischen Dinge erscheinen dem amerikanischen Republikaner 
! Nebenbei bemerkt: „eivil marriage“ ist in Oesterreich nicht durch 
Gesetz von 1867 eingeführt (II S. 95) und besteht dort nicht, wohl aber in 
Ungarn.
	        
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