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die sich aus der einseitigen Unternehmerorganisation der Berufs-
genossenschaften und aus dem häufigen Beschäftigungswechsel
vieler Arbeiter ergeben, mit in Betracht.
So hat man sich denn für räumlich gesonderte Organe der
Invalidenversicherung entschieden, und es darf festgestellt werden,
dass diese Anordnung sich als segensreiche, zweckmässige erwiesen
hat: sind doch die unerfreulichen, den nächstbeteiligten Arbeitern
völlig unverständlichen Zuständigkeitsstreitigkeiten ®® zwischen ver-
schiedenen Fürsorgepflichtigen, deren Zahl und Umfang bei den
Berufsgenossenschaften leider sehr bedeutend ist und das Gefühl
der Rechtssicherheit stark beeinträchtigt, so gut wie ganz aus-
geschlossen. Befugt zur Entscheidung über Rentenanträge, denen
die Gesuche um Beitragserstattung bei Verheiratungen und Todes-
fällen gleichstehen (88 95, 30, 31 des Inv.- u. Alt.-Vers.-G.), ist
diejenige Versicherungsanstalt, an die ausweislich der Quittungs-
karte der letzte Beitrag vor der Antragstellung entrichtet ist
($ 75). Man wollte hierdurch verhindern, dass der mehr oder
weniger hülfsbedürftige Bewerber in Folge von formellen Erör-
terungen lange auf die sachliche Entscheidung warten müsse, und
knüpfte deshalb an ein einfach zu erkennendes äusseres Merkmal
die Rechtswirkung der Zuständigkeit?°. Selbst wenn die fragliche
Marke zu Unrecht geklebt ist und statt ihrer die einer anderen
Anstalt bätte verwandt werden müssen, ist nicht die Kompetenz
der letzteren anzunehmen*!. Auch ändert es nichts an der einmal
begründeten Zuständigkeit einer Anstalt, wenn nach Erhebung
des Anspruchs nachträglich noch Marken einer anderen Anstalt
verwendet werden. Obwohl das Rentenverfahren im allgemeinen
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8 Vgl. oben S.290. So sehr das Reichsversicherungsamt bemüht ist,
den Uebelständen dieser Kompetenzkonflikte entgegenzuarbeiten, lässt sich
eine befriedigende Lösung doch erst bei Inkrafttreten der diesbezüglichen
Novellenvorschläge erwarten.
4 Amtl. Nachr., Invaliditäts- und Altersversicherung, 1893 No. 304, 305.
*1 Ebenda 1894 No. 348,