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glaser, Installateure und Maler. Wie eine Krankheit nur heilen
kann, wer den Sitz des Uebels, die Entstehungsursache und die
Verbreitungsmöglichkeit genau und richtig erforschte, weil nur
dieser die tauglichen Heilmittel anzuwenden vermag, so wird das
Gleiche auch bei Lösung wirtschaftlicher Schäden zu beachten
sein, für welche stets zu erwägen bleibt, ob ein einzuschlagender
Weg nicht etwa einem verschwindend kleinen Bruchteile Vorteile
verschafft, während er die überwiegende Mehrheit als Irrlicht in
einen Morast geleitet, aus den sie sich nicht herauszuarbeiten
vermag, in dem sie vielmehr umkommen muss. Hier gilt es gerade
stets von zwei Uebeln das kleinere zu wählen, also nicht Mittel
anzuwenden, welche zwar einen leichten Schmerz lindernd unrettbar
zum Siechtum und zum Tode führen.
Dass alljährlich eine grosse Zahl strebsamer und ehrbarer
Bauhandwerker Werklohnverluste in bedeutender Höhe erleidet,
und dass bei vielen derselben solches in dem Umfange geschieht,
dass sie ihr gesamtes Geschäftsvermögen verlieren und in dem
ihnen aufgedrängten Verzweiflungskampfe um Vernichtung ihrer
Selbständigkeit oder Beginn eines neuen geschäftlichen Lebens auf
schwacher Grundlage mit verdoppelten Kräften unterliegend mut-
los zum Selbstmord ja sogar zum Familienmord sich entschliessen,
darf angesichts der statistisch nachweisharen Fälle nicht in Abrede
gestellt werden. Allein auch hier pflegt die nackte Wirklichkeit
stark aufgebauscht zu werden und sicher sind die Ziffern arg
übertriebene, jedenfalls aber nicht erweisbare, welche die Anhänger
der Bauhandwerkerfrage als jährliche Verluste des National-
vermögens in das Vordertreffen des Gefechtes zu schicken belieben.
Mag dem so sein oder auf geringere Beträge sich der Ausfall
einschränken lassen, immerhin liegt genügender Anlass dafür vor,
nach Mitteln zu suchen, welche wirksame Abhilfe zu verschaffen
ohne gleichzeitig neue schwerere Gefahren zu bringen vermögen.
Forscht man nach der Entstehungsursache dieses unstreitig
vorliegenden wirtschaftlichen Uebels, so greift man nicht fehl,
solche auf die unbeschränkte Gewerbefreiheit zurückzuführen,
welche die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 einführte. Denn
ihr Zeitpunkt fällt mit Inkrafttreten dieser zeitlich zusammen.