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Auch haben nachweisbar sich seit da ab die Verhältnisse im Bau-
geschäfte wesentlich geändert. Während bis dahin sich das Bau-
geschäft überwiegend so vollzog, dass ein Grundeigener nach
seinem eigenen Bedürfnisse seinen Grund und Boden mit Bau-
lichkeiten besetzte, welche er durch Werkmeister des Baugewerbes
bezw. des Bauhandwerkes ausführen liess, änderte dies sich mit
einem Schlage.. Es warfen sich auf das Baugeschäft vielfach
Personen, welche ihren Beruf auf anderen Gebieten des wirt-
schaftlichen Lebens verfehlt hatten und als Bauunternehmer nicht
mehr für den eigenen Bedarf, vielmehr auf Spekulation Bauwerke
mit Hilfe derjenigen Geldmittel herstellten, die ihnen von Grund-
kreditbanken oder Baugelddarleihern vorgestreckt wurden. An-
fänglich erwies dieser Erwerb sich als sehr lohnend. Es wurde
viel dabei verdient. Mancher war in kurzer Zeit zum reichen
Mann geworden, obschon er den Ansprüchen der für ihn arbei-
tenden Werkmeister voll und ganz gerecht zu werden vermocht
hatte. Deshalb war es nicht zu verwundern, dass immer neue,
aber stets schlechtere Kräfte sich demselben zuwendeten. Zwischen
die ursprünglich leistungsfähigen, rechtschaffenen, zahlungswilligen
Bauunternehmer drängten sich bald solche, welche in ihrem bis-
herigen Wirkungskreise verkracht, weniger Vertrauen erweckend,
oftmals zahlungsunwillig waren und denen es mehr darauf ankam,
schnell reich, als ihren Gläubigern gerecht zu werden, wofür die
Baugew.-Ztg. Jahrg. 27 S. 1163, Jahrg. 28 S. 442, Jahrg. 298.932,
sowie Saale-Ztg. No. 183 vom 14. April 1896 Beispiele liefert.
Und diese zweifelhaften Existenzen wurden die Schöpfer, Förderer,
Erhalter der unter den Begriff Bauschwindel zusammenfassbaren
Abart des modernen Baugeschäftes, weiches allerdings nur in sich
entwickelnden Grossstädten und Industrieorten einen geeigneten
Boden für sein Keimen und Wuchern finden kann. Deshalb
wird es vielfach auch für ausreichend erachtet, Schutzmittel nur
auf diese zu beschränken, weil blos hier Abhilfe benötigt sei.
Nur gegen derarte Bauunternehmer soll nach Ansicht Einzelner
der Kampf sich richten. Aber eben diese verkennen den Sitz, die
Entstehungsursache, die Verbreitungsmöglichkeit dieses volkswirt-
schaftlichen, stark wuchernden gemeingefährlichen Krebsschadens,.