— 324 —
welche der Abgeordnete Freiherr v. VInkE im Reichstage des
Norddeutschen Bundes gelegentlich der Verhandlungen über
Aufhebung des Zunftzwangess am 22. Okt. 1867 dahin ent-
wickelte: „Werden die Zünfte aufgehoben, so bleibt den Hand-
werkern nur übrig, durch Wohlfeilheit der Waren sich den Rang
abzulaufen und solche Wohlfeilheit durch geringere Güte, Mass,
Gewicht zu ermöglichen. Wer das Publikum am besten zu be-
trügen versteht, der hat das Ziel gewonnen, und jeder treibt es
fort, bis Bankerott oder Bettel es endigt.* Und wie wahr beide
hatten, dies bestätigen die in der vorangestellten Versammlung
bezifferten Werklohnausfälle im Malergewerbe, welche nach der
Staatsbürgerzeitung No. 332 (1894) seit 1880 sich auf insgesamt
fünf Millionen Mark herausgestellt und für den einzelnen Werk-
meister zwischen 5000 bis 400000 Mk. geschwankt haben sollen,
Ziffern, welche seitens der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung
von 10. Juli 1894 und der Nationalliberalen Korrespondenz
ebenso stark bezweifelt wurden, wie die von der Vereinigung zum
Schutze der Bauhandwerker übertrieben gegriffene Ziffer der in
der Zwangsversteigerung ausgefallenen Werklohnhypotheken. Aber
sie haben den Erfolg, die grosse Menge aufzuregen, für die An-
gelegenheit zu erwärmen, und damit den Agitatoren ihre Arbeit
zu erleichtern.
Dafür liefert einen Belag der Initiativantrag des Abgeord-
neten BAsSERMANN, welcher den Bauhandwerkern ein Vorzugs-
recht vor den eingetragenen Hypotheken insoweit gewähren will,
als der durch gerichtliche Schätzung festzustellende Wert des
Grundstückes und des darauf errichteten Gebäudes den eben-
falls durch gerichtliche Festsetzung zu ermittelnden Wert des
unbebauten Grundstückes übersteigt. Derselbe kommt im wesent-
lichen auf dasselbe hinaus, was zur Zeit im Geltungsgebiete
des rheinisch-französischen und des badischen Landrechts nach
deren Art. 2103 Rechtens ist. Denn er ist die Bestätigung der
dort vorgesehenen Expertise in etwas veränderter Form. Der
Reichstag beschäftigte sich am 22. Januar 1896 mit demselben
und dem darüber hinausgehenden, etwa in den Grenzen der
Zukunftsträume der Schutzgenossenschaft zur Wahrung der Inter-