Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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Letzteres zählt zunächst im $ 6 für die Ortspolizei (und entsprechend sodann 
im $ 12 für die Landpolizei) die Gegenstände polizeilicher Regelung auf, 
unter a—h mit spezieller Bezeichnung, unter i mit den Worten: „alles andere, 
was im besonderen Interesse der Gemeinden und ihrer Angehörigen polizei- 
lich geordnet werden muss“. Verf. schliesst sich unter eingehender Be- 
kämpfung der abweichenden Ansicht Rosm’s der herrschenden Lehre an, 
wonach sich die auf Grund dieses Gesetzes und insbesondere seines $ 6i er- 
lassene Polizeiverordnung innerhalb der durch $ 10 II, 17 Allg. L.-R. gezogenen 
Schranken zu halten habe. Er gewinnt hieraus den wichtigen, grundlegenden 
Satz, dass Polizeiverordnungen „nur zur Erhaltung der Öffentlichen Ruhe, 
Sicherheit und Ordnung“ (welche Begriffe S. 16 erläutert werden) „und zur 
Abwendung der dem Publico oder einzelnen Mitgliedern desselben bevor- 
stehenden Gefahr“ bestimmt sind, mithin nicht zur Förderung der allgemeinen 
Wohlfahrt, sondern ausschliesslich zur Abwehr von Schaden und Gefahren 
ergehen dürfen. Für die Polizeiverfügung aber sieht Verf. in dem an- 
gezogenen Satze des Allgemeinen Landrechts die einzige Unterlage und zwar 
— wenn auch nicht formell, so doch materiell — hinsichtlich des gesammten 
Staatsgebiets. Und nachdem er noch in $ 3 von der gerichtlichen Nach- 
prüfung gehandelt, kommt er in Theil II zu den Beschränkungen des Privat- 
rechts durch die Polizei. 
Mit vollem Rechte wird hier von dem Grundsatze ausgegangen, dass 
die Polizei überhaupt in die Privatrechte eingreifen dürfe, dass letztere nicht 
um dieser ihrer Eigenschaft willen ein noli me tangere bilden. Nach Fest- 
stellung dieses Satzes wird das Verhältniss der Polizei zur Gewerbefreiheit 
untersucht (S. 30f.), wobei freilich dem Verf. nicht zugestanden werden kann, 
dass die Gewerbefreiheit — d.h. der Zustand nach reichsrechtlich erfolgter 
Hinwegräumung früherer, sei es privatrechtlicher, sei es öffentlich-rechtlicher 
Beschränkungen des Gewerbebetriebs — dem Gewerbetreibenden (oder Jedem, 
der ein Gewerbe betreiben darf?) ein Privatrecht verleihe. Indessen auch 
hiervon abgesehen, sind die Grundsätze, nach welchen Biermann das Ver- 
ordnungs- und Verfügungsrecht der Polizei bemessen will, recht anfechtbar. 
Zweifellos gehört Alles, was vom Reiche — in der Gewerbeordnung selbst 
oder anderswo — öffentlich-rechtlich bestimmt ist, auch in Preussen zum 
Bestande des öffentlichen Rechts und kann in Folge dessen nach des Verf. 
früheren Ausführungen (S. 17) polizeilichen Schutz erhelten. So erledigt 
sich die Frage, wie trotz des Schweigens der Gewerbeordnung der Handel 
mit trichinösem Fleische polizeilich untersagt werden könne, schon durch 
Hinweis auf $ 867° des Str.-G.-B. Wo aber eine reichsrechtliche Satzung 
nicht vorliegt, tritt das (mittelbar oder unmittelbar) auf $ 10 II, 17 Allg. L.-R. 
zurückzuführende Verordnungs- und Verfügungsrecht der Polizei in Kraft — 
es wäre denn, dass die Frage, ob die öffentliche Sicherheit und Ordnung 
unter gewissen Voraussetzungen gefährdet sei, reichsrechtlich bereits in ver- 
neinendem Sinne eine Entscheidung gefunden hätte. Und in dem Prinzipe 
Archiv für Öffentliches Recht. XII. 2. 23
	        
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